Das Jahr der Flucht
Die Bewegung von Millionen Menschen, die vor Krieg und Terror flüchten, oder aus Not und mangels Zukunftsperspektiven in Europa auf ein besseres Leben hoffen - sie wird in den ersten Monaten des Jahres noch als Problem Süditaliens und Griechenlands abgetan.
8. April 2017, 21:58

APA/ERWIN SCHERIAU
Das war 2015
Tod in Europa
Die Tragödie des Sterbens von 800 Menschen, als ein Flüchtlingsboot aus Libyen im Mittelmeer kentert, ist eine erste schwerwiegende Mahnung an die Entscheidungsträger Europas, endlich zu agieren statt zu reagieren.
Das Mittelmeer als Massengrab für Flüchtlinge. Unvorstellbar, aber weit weg für die meisten. Am 27. August ist das Sterben auf der Flucht, der Tod dutzender Menschen, die ihr Leben retten wollten, plötzlich ganz nah, nachdem auf der Ostautobahn bei Parndorf ein umgebauter Kühl-LKW voll mit Leichen gefunden worden ist.
Wenige Tage später geht ein Foto um die Welt. Das Bild des 2-jährigen syrischen Buben Aylan. angespült an der türkischen Küste, ertrunken, als seine Familie versucht, nach Griechenland zu gelangen.
Die große Flüchtlingswelle
Trotzdem, es ist weniger menschliche Einsicht als bürokratische Nachlässigkeit, die dazu führt, dass die Grenzen in einigen EU-Ländern aufgehen. Deutschland setzt das Dublin-Verfahren für Syrer aus. Eine Entscheidung, die aus Versehen an die Öffentlichkeit kommt. Tausende Flüchtlinge verstehen das als Einladung. In Ungarn bricht das Chaos aus. Weil die ungarischen Behörden keine Anstalten machen, zu helfen, machen sich tausende zu Fuß auf den Weg, auf der Autobahn Richtung Österreich. Die staatliche Hilfe reicht bei weitem nicht. Hilfsorganisationen und viele viele Freiwillige helfen.
Deutschland zeigt ein neues Gesicht, offen, hilfsbereit. Aber bald werden die Rufe laut, es sind zu viele, wir schaffen es nicht mehr. Besonders in Bayern, wo die meisten Flüchtlinge ankommen.
Was tun die EU-Länder?
Die ungarische Regierung macht die Grenzen dicht - und hat - aus ihrer Sicht - Erfolg damit. Den Beschluss, 120.000 Flüchtlinge in der EU zu verteilen, können mehrere osteuropäische Länder nicht verhindern. Sie tun aber nichts in diese Richtung.
Weil aber Slowenien, Mazedonien, Kroatien, Ungarn so gut sie können dicht machen, lässt der Andrang bis Jahresende nach. Quartiere zu finden, für die knapp 100.000, die heuer Asyl-Anträge gestellt haben, das ist trotzdem eine große Aufgabe.