"Obergrenze" wird verfassungsrechtlich geprüft

Widerstand gibt es innerhalb der SPÖ - insbesondere in Wien - gegen den sogenannten Richtwert von 37.500 in diesem Jahr. Was aber, wenn die de-facto-Obergrenzen in den nächsten Jahren erreicht sind, wenn also zum Beispiel heuer im Mai oder Juni der 37.500-und-Erste an der Grenze steht und Asyl in Österreich beantragen wird? Dazu haben Bund und Länder bei ihrem Asylgipfel zwei Gutachten in Auftrag gegeben.

Die Statue der Justitia am OGH

APA/ROLAND SCHLAGER

Mittagsjournal, 21.1.2016

Eines geht auf keinen Fall, sagt Europarechtler Walter Obwexer von der Uni Innsbruck, dass bei Erreichen der 37.500er Grenze Österreich vollkommen dicht mache. Das sei weder mit dem Völker- noch mit dem Unionsrecht kompatibel, sagt Obwexer, er ist einer der beiden Gutachter im Auftrag der Regierung. Vielmehr müsste die Politik rechtskonforme Maßnahmen finden, mit denen sie von Vornherein verhindert, dass das Limit von 37.500 Asylanträgen heuer erreicht wird. Etwa eine Reserve einbauen, dass Schutzsuchende nach Völker- oder Unionsrecht auch weiterhin aufgenommen werden.

Welche vorbeugenden Maßnahmen aber könnte die Regierung setzen? Neben dem Rückführen in sichere Drittstaaten, nennt Obwexer zum Beispiel folgende: die Dublin-3-Verordnung strikter anzuwenden und jene Asylwerber, die in Österreich einen Antrag stellen wollen, für die Österreich aber nicht zuständig ist, sofort in den zuständigen EU-Mitgliedsstaat rückzuüberstellen, ausgenommen Griechenland. Und Sozialleistungen zu reduzieren, um die Attraktivität als Asylland zu senken.

Österreich könnte auch versuchen, die "Gefährdung der öffentlichen Ordnung und inneren Sicherheit" nach dem Unionsrecht geltend zu machen. Etwa, weil die Arbeitsplätze im Land oder die Flüchtlingsquartiere knapp werden, sagt Obwexer. Er prüft jetzt, ob solche Argumente europa- und völkerrechtskonform wären - bzw. unter welchen Umständen.

Die verfassungsrechtliche Seite soll als zweiter Gutachter Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk prüfen - Auftraggeber sind konkret der Verfassungsdienst im Kanzleramt und das Völkerrechtsbüro des Außenministeriums. Beide Gutachten sollen, in einem gemeinsamen Papier zusammengefasst, bis Mitte oder Ende März vorliegen.