"Vater": Steinhauer spielt in Alzheimer-Drama

Hunderttausend Menschen in Österreich leiden an Alzheimer-Demenz, bis 2050 werden es mehr als doppelt so viele sein. Das brisante Thema kommt mit dem Drama "Vater" auf die Bühne in den Kammerspielen der Josefstadt in Wien. Erwin Steinhauer und Gerti Drassl sind in den Hauptrollen des Stücks von dem französischen Autor Florian Zeller zu sehen. Premiere ist am Donnerstag.

Morgenjournal, 9.2.2016

André ist verwirrt. Eben hat ihm seine Tochter Anne erklärt, dass sie mit ihrem neuen Freund nach London gehen möchte, Minuten später kommt eine fremde Frau herein, die behauptet Anne zu sein und von London war nie die Rede. André lügt nicht, das Publikum hat es selbst gesehen - und genau darin liegt die Qualität des Stückes, sagt Hauptdarsteller Erwin Steinhauer: Es gibt Stellen und Passagen, wo die Leute absolut meiner Meinung sind. Sie sehen meine Realität und begreifen nicht, warum die etwas anderes behaupten.

Aus der Sicht des Kranken

Fremde Menschen bevölkern die eigene Wohnung, die Möbelstücke werden dauernd verstellt, man hat Angst bestohlen worden zu sein, hintergangen zu werden. All das wird spürbar in diesem Stück, dem einzigen, das aus der Perspektive des Kranken erzähle, sagt Regisseurin Alexandra Liedtke: "Die meisten Filme, die wir kennen, beschreiben die Sicht von außen auf den Alzheimerkranken. Das Schöne an diesem Stück ist, dass wir vieles aus seiner Perspektive erleben: Seine Wahrheit ist die Wahrheit, die wir sehen, und insofern spielt das Stück mit Realität und Realitätsverschiebung."

Reizvoll ist auch die gelungene Gratwanderung zwischen berührenden und komischen Momenten, wenn etwa André der neuen Krankenschwester erzählt, dass er von Beruf Tänzer war: "Es ist so beruhigend, dass ich ihn nur spiele", sagt Erwin Steinhauer, der sich auf seine Rolle intensiv vorbereitet hat. Er hat Arno Geigers Roman "Der alte König in seinem Exil" gelesen, Dokumentationen geschaut, mit Ärzten, Patienten und Angehörigen gesprochen und gemerkt, wie nah dran an der Realität dieses Stück ist. Alexandra Liedtke: Der Satz "Wissen Sie, ich hab ja kein Problem, das ist nur für meine Frau …" - das haben wir tatsächlich so im Wortlaut immer wieder gehört.

Prämierter Autor Florian Zeller

Der 36-jährige Pariser Autor Florian Zeller gilt derzeit als einer der erfolgreichsten Theaterautoren Frankreichs. Seine preisgekrönten und auch verfilmten Boulevardstücke, darunter "Die Wahrheit" oder "Die Lüge", werden am New Yorker Broadway und Londoner Westend gezeigt, sein Stück "Vater" gewann 2014 den Prix Molière.

Für Liedtke ist es die erste Beschäftigung mit dem Autor. Mit Erwin Steinhauer hat die Ehefrau von Matthias Hartmann aber schon vor fünf Jahren bei "Blackbird" zusammengearbeitet: "Die Alexandra ist eine unglaubliche Beobachterin, hat ein wahnsinnig gutes Ohr, ob es wahrhaftig ist oder nicht, ist eine wahnsinnige Psychologin und ich hoffe, dass meine Geschichte mit ihr weitergeht."

Die Geschichte vom Alzheimer kranken "Vater" hat am Donnerstag in den Kammerspielen der Josefstadt Premiere.

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Theater in der Josefstadt - Vater

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