Neues vom "King of Rap" Kanye West

Wenn eine Plattenpräsentation aus dem New Yorker Madison Square Garden live in ein österreichischen Megaplex-Kino übertragen wird, dann ist klar: Hier geht's um keine Allerweltsplatte. Für den selbsternannten "King of Rap", den amerikanischen Sänger und Produzenten Kanye West, ist sein neues Album "The Life of Pablo" nicht nur schon im Februar die Platte des Jahres, sondern überhaupt die des Lebens.

Kulturjournal, 12.2.2016

Groß, dreist und breitbeinig

Der Mann ist Pop in Reinkultur. Egomanisch, scharfzüngig, provokant und dabei immer auch verspielt. In diesem Jahrtausend verkörpert wohl kein Künstler so sehr den überlebensgroßen Star wie der amerikanische Rapper, Sänger, Produzent, Designer und Social Media Tornado Kanye West. Fast schon messianisch beseelt verkündet West, dass Hip-Hop der neue Rock 'n' Roll sei, Hip-Hopper die neuen Rock Stars und er selbstverständlich der größte von allen.

Wenn das "Time Magazine" die einflussreichsten Menschen der Welt kürt, dann ist der 38-jährige West beinahe ein Fixstarter. Bislang hat er nicht weniger als 21 Grammys eingesammelt. Alles, was dieser Mann von sich gibt, alles was er zu sich nimmt oder trägt wird zum Teil der Marke Kanye. Er ist das Produkt, das er vermarktet und er nutzt dafür alle Kanäle. Wenn West etwa auf Twitter schreibt, dann dauert es meist keine zehn Sekunden bis 10.000 seiner Follower seinen Tweet liken und teilen.

Bei der New Yorker Fashion Show stellt er mit seinem Label Mode-Platzhirschen wie Chanel in den Schatten. Kritik daran, dass er kein richtiger Designer wäre, kontert er damit, dass er auch kein richtiger Musiker wäre - er sei eben ein Künstler, der von der Kunsthochschule kommt, so Kanye West. Sich selbst sieht West als Rundum-Erneuerer, als Entdecker und Entwickler - er möchte schlicht Neues erschaffen und das Eingefahrene aufbrechen, musikalisch aber vor allem kulturell.

"Gospelalbum mit vielen Flüchen"

Nun also Album Nummer sieben - und auch dieses Stück Musik wird nicht einfach nur angekündigt. Die Veröffentlichung wird zelebriert, auf Twitter häppchenweise serviert, wobei Kanye West ein wochenlanges Spektakel um den finalen Titel des Werks inszeniert. Seit gestern weiß man, dass die zuvor verbreitete Abkürzung TLOP für "The Life of Pablo" steht.

Nach Kollaborationen mit Rihanna und Paul McCartney holt sich West für "The Life of Pablo" wieder die größten Namen im Hip-Hop an Bord. Mit dabei sind etwa Kendrick Lamar oder Vic Mensa. Ultraleicht wäre die Platte, "im Grunde ein Gospelalbum mit vielen Flüchen drauf", meint West zu "The Life of Pablo". Das Album besticht durch den gewohnten Breitwand-Sound, durch überraschende Wendungen und die Freiheit, die sich Kanye West seit Jahren einfach nimmt und mit der er eingefahrene Hörerwartungen genüsslich torpediert.

Da finden sich warme, intime Songs mit verspielten Effekten genauso wie verzweifelte Klänge mit minimalistischer Produktion. Kanye West durchstreift auf "The Life of Pablo das Terrain", das er selbst in den vergangenen Jahren abgesteckt hat. Pop-Entwürfe müssen groß, dreist und breitbeinig sein, um zu wirken. Und Kanye West versteht es aktuell wie kein anderer, sein Leben und seine Musik zu einer gewinnbringenden und dennoch künstlerisch relevanten Essenz einzukochen - und den Menschen als Gesamtkunstwerk zu verkaufen.

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