Schreckensherrschaft in der "Colonia Dignidad"

1961 wurde in Chile die sogenannte "Colonia Dignidad" vom deutschen Laienprediger Paul Schäfer gegründet. Ursprünglich als Selbstversorger-Kolonie nach urchristlichen Prinzipien geplant, wurde das Leben im Lager schon bald von Schäfers Schreckensherrschaft dominiert. Der Film "Colonia Dignidad - Es gibt kein Zurück" versucht nun in einem fiktiven Drama die Ereignisse rund um diese Sekte aufzurollen.

Watson und Brühl

AFP/TOBIAS SCHWARZ

Die Hauptrollen spielen Daniel Brühl (Niki Lauda im Film "Rush") und Emma Watson (Hermine Granger in den "Harry Potter"-Filmen).

Mittagsjournal, 15.2.2016

Die Colonia Dignidad (Kolonie der Würde) war vor allem ein Ort, an dem Menschen ihre Würde genommen wurde, das System einer Diktatur mit ihren typischen Bestandteilen: effiziente Unterwerfungsrituale, die Selbstverständlichkeit von Gewalt in der Machtausübung, die Einforderung von bedingungslosem Gehorsam, das Brechen des Willens von Individuen, und vor allem eine selbsternannte, dämonische Führerfigur.

Geradlinige Spannungsdramaturgie

Strenge Arbeitsdisziplin herrschte auf den Feldern, eine weitgehende Separation von Männern und Frauen, Psychoterror, Folter und religiöser Fanatismus. Lena (Emma Watson), eine junge Stewardess meldet sich freiwillig in der Colonia Diginidad. Der Grund: ihr Geliebter Daniel (Daniel Brühl), ein deutscher Fotograf und Allende-Anhänger, wird 1973 von Pinochets Geheimpolizei entführt und in die Colonia gebracht. Nun will ihn Lena befreien. Der deutsche Regisseur Florian Gallenberger wählt von Anfang an eine geradlinige Spannungsdramaturgie, eine Wahl mit klarer Absicht, so Gallenberger: "Wir wollten nicht so sehr die historischen Umstände aufarbeiten, sondern diese Geschichte vor allem einem breiten Publikum zugänglich machen."

Schutz hochrangiger Politik

Die Geschichte von Lena und Daniel, die Geschichte dieser Flucht ist zwar fiktiv, doch sie dient vor allem als Projektionsfläche für eine dokumentarisch fundierte Beschreibung des Lageralltags. Zustände, die auch unter dem Schutz hochrangiger Politik standen, nicht nur durch das Pinochet-Regime sondern auch durch die deutsche Botschaft in Chile, etwa wenn jemandem die Flucht gelang. Florian Gallenberger: "Die haben ja Pässe gebraucht und wurden zumindest bis 1985 von der Botschaft ins Lager zurückgeschickt. Insofern hat sich der deutsche Staat als Handlanger der Colonia mitschuldig gemacht."

Im Stile eines Polit-Thrillers

Der Film "Colonia Dignidad" bleibt konsequent in seiner schematischen, aber im Sinne der Spannung effektiven Erzählhaltung, auch in den Weltbildern zwischen Gut und Böse lässt er keinen Spielraum. Regisseur Gallenberger setzt seinen Film auf Schiene und lässt ihn mit zügigem Tempo im Stile eines Polit-Thrillers dahinrattern. Eine Anklage mit klarem Schuldspruch freilich. Gut möglich aber, dass so mancher Zuseher danach mehr wissen will. Und damit wäre die Mission erfüllt.

Service

Berlinale - Colonia