Regierung verteidigt Vorgehen in Flüchtlingsfrage

Die Regierung hat die österreichische Linie in der Flüchtlingspolitik gegen Kritik aus Brüssel und Berlin verteidigt. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) traten am Dienstag nach dem Ministerrat ungewöhnlich geschlossen auf. Den kritischen Deutschen bot Faymann an, die Zahl der nach Deutschland durchreisenden Flüchtlinge selbst festzulegen.

Reinhold Mitterlehner und Werner Faymann

APA/ROLAND SCHLAGER

Mittagsjournal, 23.2.2016

Vom Ministerrat,

Die österreichische Regierungsspitze verteidigt heute Österreichs Position gegenüber der jüngsten Kritik aus anderen EU-Ländern, insbesondere aus Deutschland. Sowohl Bundeskanzler Faymann wie auch Vizekanzler Mitterlehner sprechen von widersprüchlichen Forderungen vor allem aus Berlin: einerseits solle Österreich die Grenzen öffnen, gleichzeitig seien aber zu viele Flüchtlinge nach Deutschland unterwegs. Den kritischen Deutschen bot Faymann an, die Zahl der nach Deutschland durchreisenden Flüchtlinge selbst festzulegen. Und der Bundeskanzler sprach heute im Ministerrat von einer insgesamt unsinnigen Position der Europäischen Union in der Flüchtlingsfrage und deren Bewältigung.

"Unsinnig", "widersprüchlich"

Deutschlands Innenminister Thomas de Maiziere hatte die Zahl der maximal 3.200 täglich durch Österreich nach Deutschland durchreisenden Flüchtlinge als zu hoch kritisiert. "Da hat Deutschland zu entscheiden, welche Zahl gilt", betonte Faymann. Wenn Deutschland aber keine Zahl nenne und sich lieber auf die "Türkei-Lösung" konzentriere, dann nehme er das respektvoll zur Kenntnis, sagte der Bundeskanzler. Umgekehrt forderte er Deutschland und die EU auf, auch die österreichische Position "respektvoll zur Kenntnis nehmen".

Dass das "Durchwinken" der über Griechenland in die EU einreisenden Flüchtlinge am Balkan in Ordnung sei, Österreich aber untersagt sein sollte, sei eine "unsinnige Position", kritisierte Faymann: "Bis Österreich kann man leider nur in die Luft schauen und ab Österreich will man uns einen Ratschlag erteilen - auf diese Art Ratschlag können wir verzichten."

Mitterlehner kritisierte Deutschlands Haltung als "widersprüchlich": Man könne nicht einerseits eine Art Einladung aussprechen, von Österreich dann aber fordern, niemanden weiterzuschicken. Österreichs Vorgehen sieht der Vizekanzler als "derzeit alternativlos", auch weil die Zahl der bisher nach dem vereinbarten Quotensystem verteilten Flüchtlinge "lächerlich" gering sei.

Einmal mehr betonte Faymann, eine europäische Lösung zu bevorzugen. "An den österreichischen Grenzen zu agieren ist ein Plan B", räumte er ein. Dies sei aber nötig, "weil Österreich das alleine nicht schaffen kann, was auch niemand vorgaukeln soll". Sowohl Faymann als auch Mitterlehner betonten, die österreichische Position nun rechtlich verteidigen zu wollen. "Wie auf hoher See: bei Gericht weiß man nie genau, wie das ausgeht", so Faymann.

An der Hilfsbereitschaft Österreichs könne jedenfalls kein Zweifel bestehen, betonte Faymann und argumentierte, dass das Land auch mit der nun beschlossenen Obergrenze binnen fünf Jahren Flüchtlinge in der Größenordnung von 2,5 Prozent der Bevölkerung aufnehme. Würden alle EU-Länder so handeln, könnte die EU zwölf Millionen Flüchtlinge versorgen, so der Bundeskanzler. Außerdem lobte er die geschlossene Haltung der Regierung in dieser Frage: "Es muss spürbar sein, dass die österreichische Position von der gesamten Regierung vertreten wird und dass uns hier niemand auseinanderdividieren wird." (Text: APA, Red., Audio: ORF)