Bibelessay zu 2. Korintherbrief 1, 3 – 7

Es war für den Apostel Paulus selbstverständlich, von Ephesus in der heutigen Türkei nach Griechenland, etwa nach Korinth, Briefe zu schicken. Mehrmals ist er selbst übers Meer gefahren.

Es mag nachdenklich stimmen, dass die Phase der Gemeindegründungen des Paulus, in der der zweite Brief an die Korinther entstanden ist, sich genau in der Region ereignet hat, in der heute tausende Menschen auf der Flucht vor Krieg und Gewalt sind. Trübsal und Leiden - es geht immer, damals wie heute, um ganz konkrete Menschenschicksale. Paulus – das zeigt die Fortsetzung und der Brief im Ganzen – erwähnt seine eigenen Erfahrungen: Anfeindungen, Streitigkeiten untereinander, Verfolgung, Haft und Folter, Entbehrungen und Strapazen. Die ganze Situation hat etwas Trostloses.

Ist es da nicht menschlich verständlich, dass Paulus selbst am Leben verzagt und ernsthaft damit rechnet, umzukommen? Doch das eigene Geschick verleitet ihn nicht dazu, die Augen davor zu verschließen, wie es den Menschen um ihn herum geht. Auch sie haben am Leiden, an der Trübsal teil, auch sie sind davon betroffen. Wer mit Gott zu tun bekommt, sieht die Not der Menschen und kann nicht wegschauen.

Paulus greift auf sein Gebetbuch, auf die Psalmen zurück und wendet sich an Gott als den „Gott allen Trostes“. Zahlreiche Motive aus dem jüdischen Gebetbuch nimmt er auf, stellt sie neu zusammen und verbindet sie mit dem Leiden und der Auferstehung des Jesus von Nazareth. Fast beschwörend spricht er dabei immer wieder vom Trost.

Trost ist ein reichlich missbrauchtes Wort. Niemand will vertröstet werden, auch ein Trostpreis oder ein Trostpflaster sind nicht wirklich ein Grund zur Freude. Aber ungetröstet, trostlos zu sein ist ein bedauernswertes Los. Es ist erstaunlich, dass oft gerade die, denen es schlecht geht, die von Trübsal und Leiden betroffen sind, am meisten Trost bewirken. Paulus steht dafür.

Ich denke auch an Dietrich Bonhoeffer, der im Gefängnis die eindrücklichen Zeilen geschrieben hat: Von guten Mächten wunderbar geborgen erwarten wir getrost was kommen mag. Trost bedeutet Ermutigung, Vertrauen und innere Festigkeit. Wer das selbst erfahren hat, gibt es weiter. So entsteht ein Beziehungsgeflecht des Trostes, eine Ermutigungsgemeinschaft, ein Vertrauensnetzwerk. Das Schlüsselwort dafür ist „Teilhabe“.

Die Kirchen in Österreich haben dazu mit Jahresbeginn eine Initiative gestartet: Unter dem Titel „Solidarische Gemeinde“ wollen sie die Gemeinden vor Ort anregen, noch stärker solche Netzwerke der Ermutigung und des Vertrauens zu sein. Schon heute ist der Einsatz der vielen Engagierten groß, die mithelfen, dass Menschen in Not nicht ihrem Schicksal allein überlassen bleiben. Das ist heute nötig wie eh und je und wird, wenn man realistisch auf die zukünftigen Herausforderungen schaut, wohl noch viel nötiger werden. Wenn die Kräfte gestärkt werden, um diesen Weg des Erbarmens und der Menschlichkeit getrost weiterzugehen, dann hat Paulus mit seinem Brief nicht nur die Gemeinde in Korinth erreicht.