Müssen wir unsere Lebensweise radikal ändern?
Der Tod Gottes und die Krise der Kultur
Dass Gott tot sei, wie etwa Friedrich Nietzsche plakativ verkündete, hätte unsere Kultur in eine Krise gestürzt – so der englische Literaturwissenschafter Terry Eagleton. Einen Ersatz hätten wir allerdings noch nicht gefunden, meint der eigenwillige christliche Marxist. Sein Buch "Der Tod Gottes und die Krise der Kultur" ist im Pattloch Verlag erschienen.
8. April 2017, 21:58
Kontext, 11.3.2016
Im Grunde kann man Eagletons Position in einem Satz zusammenfassen: es ist um einiges mühsamer, nicht an Gott zu glauben, als sich das die heutigen Heroen des militanten Atheismus wie Richard Dawkins vorstellen. Oder, an einer anderen Stelle, Gott sei nicht tot, er hätte der Menschheit bloß den Hintern zugewandt. Kurz, als Ergebnis dieser tour de force durch die Geistesgeschichte, die einen deutschen Leser wegen ihrer starken Orientierung an angelsächsischer Literatur ein wenig verwirrt: alle notorischen Kritiker der Religion haben nicht diese gemeint.
Nicht einmal Nietzsches Atheismus sei vollständig gewesen, und da kann man Eagleton auf einem Denkfehler ertappen. Wir lesen: Im Übermenschen ersetze der Mensch Gott und erschaffe sich selbst. Aber damit setze er die Gottheit, die aus sich selbst existiert, fort. Nur: der Übermensch mit seiner darwinistischen Komponente überwindet etwas Vorhandenes, er existiert nicht aus sich selbst sondern überlässt dieses Privileg Gott. Das ist ein Beispiel von mehreren – Eagleton beeindruckt, wenn er auf Nietzsches Spuren das inventarisiert, was die westliche Zivilisation an Stelle Gottes gesetzt hat, aber die Verharmlosung des Niedergangs der Religion kann er nicht glaubhaft argumentieren.
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Terry Eagleton, "Der Tod Gottes und die Krise der Kultur", Pattloch Verlag