Flüchtlinge in Idomeni: krank und alleine gelassen

Die Balkanroute nach Nordeuropa ist zu - aber in Idomeni, an der Grenze zwischen Mazedonien und Griechenland wollen das 12.000 Menschen immer noch nicht glauben. Sie hoffen auf ein Wunder beim nächsten EU-Gipfel mit der Türkei am Donnerstag - und harren weiter aus. Die Bedingungen für sie werden immer schlimmer. Dauerregen hat das Camp völlig verschlammt, Infektionskrankreiten breiten sich immer weiter aus. Es fehlt an Medikamenten, an Kleidung und Schuhen.

Flüchtlingsfrau mit Kleinkind vor großer Lacke

AFP/DANIEL MIHAILESCU

Mittagsjournal, 14.3.2016

Aus Idomeni,

In Idomeni in Griechenland steigt Tag für Tag die Gefahr einer echten humanitären Katastrophe. Gestern gab es wieder massive Regenfälle und immer mehr Erwachsene und Kinder sind erkrankt, an Bronchitis etwa, an Lungenentzündung und Durchfallerkrankungen. Die griechischen Behörden haben gestern erstmals Flugblätter verteilen lassen. So wird versucht, möglichst viele Flüchtlinge und Migranten zu überzeugen, sich in offizielle Lager verlegen zu lassen – bisher aber mit geringem Erfolg.

ORF-Reporter Bernt Koschuh und ORF-Techniker Wilhelm Wimmer haben die gesamte Balkanroute abgefahren und von Flüchtlingslagern berichtet, gestern sind sie in Idomeni angekommen.

Entlang der gesamten Balkanroute sind die Syrer, Iraker und Afghanen in einer verzweifelten Lage, doch hier in Nordgriechenland ist die Situation noch schlimmer und vor allem das Ausmaß. Immer noch leben 12.000 bis 15.000 Menschen nahe dem Bahnhof Idomeni an der Grenze zu Mazedonien – in kleinen Zelten, die im Schlamm stehen und in Großzelten, wo jeweils um die hundert Menschen zusammengepfercht sind. Gestern schüttet es wieder und so lässt auch ein vom chinesischen Künstler und Dissidenten Ai Weiwei organisiertes Klavierkonzert keine Festivalstimmung aufkommen.

Rot-Kreuz-Arzt Michael Kühnel, einer der wenigen Helfer aus Österreich, erklärt – frustriert über die Versorgungslage: wenn man die Leute sieht im Schlamm vegetieren und für eine Tasse Tee 40 Minuten Schlange stehen. Die Leute hier sind schwerst krank.

Gestern werden auch zwei Hepatitis A Fälle registriert, die Krankheit wird durch verschmutztes Wasser übertragen. Die griechische Behörden lassen gestern haben Flugzettel in drei Sprachen verteilen lassen. Die Balkanroute sei zu und die Menschen sollten sich in offizielle Lager bringen lassen. Aber die Busse sind leer oder halbleer. Viele hoffen, dass die Grenzen doch noch aufgehen oder wollen nicht in ein Militärlager. Einer der wenigen die abfahren ist Hussein – weil das hier eine Tragödie sei und weil auch er krank ist: „Ich habe meine Eltern verloren, mein Vater in Aleppo erschossen von einem Scharfschützen. Ich hab eine Mittelohrentzündung und Bronchitis. Ich fahre nach Athen.“ Er will sich bewerben für eine Umsiedelung in ein EU-Land und Idomeni hinter sich lassen.