Der Klang des wahrhaft Unbedeutenden
Überhört
Ö1 ruft zu einer Publikumsaktion auf – eine Hommage an den französischen Komponisten Erik Satie, dessen Geburtstag sich am 17. Mai 2016 zum 150. Mal jährt. Vertonen Sie Szenen des Alltags, geben Sie dem Beiläufigen einen Klang.
27. April 2017, 15:40
AP/SETH PERLMAN
Erik Satie zu seinen "Trois Morceaux en forme de poire"
"Halten Sie ihre geliebten verbalen Seifenblasen heilig: Gott wird Ihnen verzeihen - wenn er will ..."
Wie klingt rechts und links Gehörtes, eine Laterne, ein Hund, der spielt, das Gesicht meines Nachbarn, mein Schreibtisch...?
So funktioniert die Teilnahme
Schicken Sie uns Ihre "Satiesfiktionen"! Komponieren
Sie (maximal) drei Minuten Musik auf eine wahrhaft unbedeutende Szene Ihres Alltags, Ihrer Umgebung. Lassen Sie und Ihre persönlichen "Satiesfiktion" via Upload zukommen.
Einsendeschluss: 11. Mai 2016, 09:00 Uhr
Zum Upload
Rund um Saties Geburtstag am 17. Mai werden in Ö1 Ihre "Satiesfiktionen" zu hören sein: Am (Pfingst-) Montag, den 16. Mai 2016, in einem langen Ö1-Satie-Nachmittag (14-17 Uhr) und in Apropos Musik, am Mittwoch den 18. Mai (15.05-16 Uhr) – außerdem sind alle Beiträge online hörbar auf der Ö1-Homepage.
Präsentation und Idee: Nikolaus Scholz und Hans Georg Nicklaus
Brauchen Sie Inspiration?
"Choses vues à droite et à gauche", zur Rechten und zur Linken gesehene Dinge: drei kleine Stücke Saties für Violine und Klavier (1914), die in ihrem Titel bereits verraten, dass hier der Charme des Beiläufigen regieren soll. Und damit keine Missverständnisse entstehen und irgendwer etwa einen vermeintlichen Scharfblick auf Alltägliches, den Tiefsinn des Gewöhnlichen zu hören glaubt, setzt Satie noch in Klammern dazu: "sans lunettes", ohne Brille.
Descriptions automatiques
1903 verfasst Erik Satie seine "Descriptions automatiques" am Klavier - spontane, unüberlegte, unsystematische Vertonungen alltäglicher Situationen oder Dinge: ein Schiff, eine Laterne, ein Helm - "Sur un vaisseau - Sur une laterne - Sur un casque". Damit nimmt Satie, der sich kurz zuvor noch am Montmartre als Barpianist und Kabarettmusiker durchschlägt, die Ecriture automatique der Surrealisten (vor allem eines André Breton) um zehn Jahre vorweg.
Die jungen Literaten wollten im unkontrollierten, spontanen Aufschreiben von Sätzen und Wörtern eine Art unterbewussten Schaffensprozess auslösen. Für Satie war es schlicht eine Methode, Musik gegen große ästhetische Ideale, gegen den Pathos des Tiefsinnes zu komponieren, ohne die Präpotenz des Bedeutsamen in der eisernen Hand der Tradition.
Versteckte Anspielungen, Zitate und immer wieder direkte Tonmalereien: ein Schiff lässt er pianistisch schwanken und zitiert ein Kinderlied (Mama, haben die kleinen Schiffchen auch Beine?), bei der Laterne lässt er hörbar das Licht aufflackern und der Helm gibt Anlass zu einer kleinen Militärparade.
Sports et Divertissements
Tonmalereien der besonderen Art stellt Satie unter anderem in seinen "Sports et Divertissements" vor. Der Pariser Verlag Salabert beauftragte Satie zu 20 Zeichnungen von Charles Martin Musik zu schreiben. Satie erfand zunächst kleine Texte zu den Illustrationen: "Die Schaukel: Das ist mein Herz, das so hin- und herschwingt." und "Die Jagd: Hören Sie den Hasen singen?"
Darauf vertont er die erzählten Ereignisse tonmalerisch so direkt, dass die Idee der Programmmusik zur Karikatur gerät - eine der Grimassen Saties in Richtung Tradition. So springen die Bälle in "Le Tennis", so rutscht die rechte Hand am Klavier von rechts oben nach links unten in der Wasserrutsche.