"Niemand kann sich in Sicherheit wiegen"

Auch in Österreich ist ein terroristischer Anschlag nicht auszuschließen, sagt der Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung Peter Gridling. Er versucht den Spagat zwischen Panikmache und Beschwichtigung zu bewältigen: Ja, so Gridling, Polizei und Sicherheitskräfte tun was sie können. Aber hundertprozentige Sicherheit gebe es nicht.

Peter Gridling

HERBERT NEUBAUER

Wenn jemand zum Beispiel im Geheimen eine Bombe baut, dann sei das auch für die effizienteste Exekutive schwer überprüfbar.

Parallelgesellschaften in Österreich gebe es in Ansätzen, aber man bemühe sich, die Netzwerke auszuforschen und beispielsweise Rückkehrer aus Syrien genau zu überwachen.

Mittagsjournal, 26.3.2016

IS-Kämpferliste enthält Hinweise auf Österreich

Vor zwei Wochen haben mehrere Medien von einer Liste mit Daten von 22.000 IS-Kämpfern berichtet. Der Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung Peter Gridling bestätigt in der Ö1-Reihe „Im Journal zu Gast“ nun erstmals, dass sich auch Österreicher auf dieser Liste finden. Insgesamt seien aber weit weniger Daten darauf als bisher angenommen. So wisse man mittlerweile, dass die Liste bereinigt nicht 22.000 umfasst, sondern etwas über 5.000 Einträge – darunter auch Einträge mit Hinweisen auf Österreich. „Betroffen sind sehr wenige Personen. Aber es gibt andere Hinweise, etwa Telefonnummern oder dass jemand durch Österreich gereist ist auf dem Weg in Richtung Syrien, und dem gehen wir entsprechend nach.“ Vieles sei allerdings sehr vage und auch Hinweise auf Rekrutierer gibt es laut Gridling nur bedingt.

Justizminister Brandstetter hat diese Woche bestätigt, dass es eine Verbindung von zwei mutmaßlichen Jihadisten, die in Salzburg in U-Haft sitzen, zu den Paris- bzw. Brüssel-Attentätern gibt. Auch Peter Gridling bestätigt die Ermittlungen. „Wir gehen davon aus, dass diese Personen schon früher nach Belgien bzw. Frankreich weiterreisen hätten sollen, weil es vermutlich Kontakte zu den Paris-Attentätern gab.“ Durch das Eingreifen der griechischen Behörden bzw. Anhaltung in Griechenland dürften sie aber ihr Zielgebiet nicht rechtzeitig erreicht haben, so Gridling.

Angesprochen auf die Terrorgefahr in Österreich sagt Gridling, dass sich niemand in Europa in Sicherheit wiegen kann. Auch in Österreich könnte ein Anschlag passieren, hundertprozentige Sicherheit gebe es nie.

Nach den Anschlägen von Brüssel gab es auch viel Kritik an den Geheimdiensten, weil kein Austausch, keine Zusammenarbeit stattfindet. Die EU-Innenminister haben diese Woche in Brüssel vereinbart, dass Nachrichtendienste besser zusammenarbeiten sollen. Peter Gridling ist skeptisch. Denn die Nachrichtendienste sind laut Gridling konzipiert, um nationale Interessen zu schützen. „Sie fürchten, dass ihre Methoden oder Quellen in Gefahr sind, wenn die Informationen, die sie haben, in öffentlichen Verfahren verwendet haben.“

Parallelgesellschaften

Bedenklich findet Gridling, dass manche Gegenden in Belgien wie er sagt, sicherheitspolizeilich schlecht versorgt sind und sich dadurch Parallelgesellschaften wie im Problemviertel Molenbeek gebildet haben. In Ansätzen gäbe es das auch in Österreich, sagt Gridling. Es gäbe Communities, wo das Vertrauen in Sicherheitsbehörden gering ist und man Dinge lieber selber regelt. Solche Tendenzen des Zusammenrückens, des „Sich-Abschottens“ beobachte man im Großraum Wien, aber auch in anderen Gegenden Österreichs.