Hollande unter Druck

Frankreichs Präsident Francois Hollande gerät zunehmend unter Druck. Heute halten Gewerkschaften, Linksparteien sowie Schüler- und Studentenverbände schon zum dritten Mal innerhalb weniger Wochen Streiks und Demonstrationen gegen Hollandes umstrittene Arbeitsmarktreform ab. Und dies, nachdem der Präsident gestern schon eine geplante Verfassungsreform zurückziehen musste - Hollande hat dafür keine Mehrheit gefunden.

Morgenjournal, 31.3.2016

Aus Paris,

Frankreichs Präsident, Francois Hollande, gerät zusehends in Not. Für heute haben Gewerkschaften, Linksparteien, sowie Schüler- und Studentenverbände bereits zum 3. Aktionstag innerhalb weniger Wochen gegen seine umstrittene Arbeitsmarktreform aufgerufen. Dies nachdem der Präsident gestern gezwungen war, eine nach den Terroranschlägen am 13. November angekündigte Verfassungsreform schlicht und einfach zurückzuziehen - nach seinem Scheitern, dafür eine parteiübergreifende Mehrheit zu finden - vor allem das Vorhaben, Terrorverurteilten die Staatsbürgerschaft abzuerkennen und dies auch noch in der Verfassung zu verankern, war in der Monate dauernden Debatte gleich von mehreren Seiten heftig kritisiert worden. „Hollande – ein geschwächter Präsident“ - hieß es gestern Abend gleich in mehreren französischen Medien, nachdem auch noch eine weitere, für Hollande katastrophale Meinungsumfrage erschienen war.

Die umstrittene Reform des Arbeitsrechtes, um Frankreichs Arbeitsmarkt flexibler zu gestalten und den Zugang zum Arbeitsmarkt für knapp 4 Millionen Arbeitslose zu erleichtern, war vor zwei Wochen – nach einem landesweiten Aufschrei – ohnehin schon entschärft worden. Hinsichtlich der Deckelung der Abfindungen bei Entlassungen auf 15 Monategehälter machte die Regierung ebenso einen Rückzieher wie bei den Erleichterungen für betriebsbedingte Kündigungen – trotzdem geht der Protest der Gewerkschaften weiter – gut ein Drittel der Züge fallen heute aus, 20% der Flüge in Paris sind gestrichen, landesweit werden rund 200 Demonstrationen erwartet, denen sich nach wie vor Schüler- und Studentenverbände anschließen, mit dem Motto: diese Regierung bietet uns eine zusehends prekäre Zukunft.

Es sind Proteste, die das Gesetzgebungsverfahren noch über 2 Monate begleiten könnten und dies am Tag, nachdem Präsident Hollande den vielleicht schwersten politischen Schlag seit Amtsantritt zu verdauen hat, musste er doch gestern seine Verfassungsreform zurückziehen – die allerdings auch in seinen eigenen Reihen heftige Kritik geerntet hatte. Trotzdem schob er die Schuld der Opposition zu: Ein Teil der Opposition ist gegen jede Verfassungsreform – sowohl gegen die Aufnahme des Ausnahmezustands in die Verfassung als auch gegen die Aberkennung der Staatsbürgerschaft für Terroristen. Ich bedauere diese Haltung zutiefst.

Die konservative Opposition konterte scharf, warf Hollande eine nutzlose Debatte vor, die vier Monate gedauert habe. Ex-Premierminister Raffarin: All dies ist nicht gut für unsere Republik. General De Gaulle sagte: in der 5. Republik kümmert sich der Präsident um das Wesentliche. Dementsprechend muss Präsident Hollande sich nun auf der Höhe seiner Funktion zeigen und seine Niederlage eingestehen und nicht die Verantwortung anderswo suchen.

Selbst sozialistische Abgeordnete sparten gestern nicht mit Kritik am Präsidenten: Parteichef Cambadelis sprach von einem traurigen Schauspiel, der Abgeordnete Christian Paul gar von einem politischen Fiasko. Und als würde das noch nicht ausreichen, sieht eine ernst zu nehmende Meinungsumfrage gestern nur noch bei 16% der Franzosen Zustimmung für Francois Hollande, vor allem aber prognostiziert sie erstmals, dass er bei den Präsidentschaftswahlen 2017 in jedem Fall hinter Marine Le Pen und hinter dem konservativen Kandidaten – ob Juppe oder Sarkozy – landen würde und damit nicht in die entscheidende Stichwahl käme.