Mode-Exzesse aus 500 Jahren im MAK
"Mode-Utopien - Haute Couture in der Grafik" heißt eine Ausstellung, die ab morgen im Kunstblättersaal des Museums für angewandte Kunst Wien (MAK) zu sehen ist. Sie umfasst grafische Modedarstellungen - von Kupferstichen der Renaissance bis zu aquarellierten Modezeichnungen der 1930er Jahre.
8. April 2017, 21:58
Einmal mehr beweist diese Schau, welche Stückeln die 400.000 Objekte starke Kunstblättersammlung des MAK spielt. Manche Exponate wurden noch nie ausgestellt.
Kulturjournal, 12.4.2016
Monsieur trägt Kniehosen aus vielfach geschlitztem Stoff, die aussehen wie aus Weinblättern geflochten. Madames Faltenwurf der Kleiderschleppe steht wie aus Gips - auf dem Renaissance-Kupferstich eines Paars, das noch dazu tanzt. Die Ausstellung im MAK präsentiert historische Modedarstellungen nach dem Kriterium, "dass es eigentlich unproduzierbar war, untragbar war und auch unfinanzierbar war", erklärt Kathrin Pokorny-Nagl, die Kuratorin und Leiterin der MAK-Kunstblättersammlung.
Markenzeichen des Biedermeier
Da ist ein Biedermeierkleid unten am Saum mit zwei Reihen anscheinend echter Kränze behängt, die einem Kriegerdenkmal Ehre machen würden, und es blähen sich monumentale Schinkenärmel. "Allein diese Pömmel, die da runterhängen als Saumersatz, oder mit welchen Maschen diese arme Dame da behängt wurde, und wie ausschweifend ihre Ärmel gebauscht wurden - es ist dieses typische Markenzeichen der Biedermeierzeit", so die Kuratorin.
Auf einem Sommerhütchen der Saison 1888 sitzt ein flügelschlagender Reiher. Unter einem riesigen Rokoko-Reifrock könnte sich glatt ein Pferd verstecken. Schon mit Ende der Gotik legte die Kleidung der Wohlhabenden an ornamentalem Prunk und Volumen zu.
Nichts für Humanisten
"Diese ganz frühen Arbeiten der Renaissance sind ja sehr spärlich, weil im Humanismus wollte man so gut wie nicht illustrieren", erklärt die Kuratorin. "Nur die Ungebildeten und die Damen durften illustrierte Bücher verwenden. Aber für alle gebildeten Humanisten war das würdelos. Eine Ausnahme gab’s bei den Architekturtraktaten, um ein besseres Verständnis zu haben. Und bei der Festdarstellung."
Kniekurze Pumphosen wie Kürbisse tragen Edelmänner bei einem Renaissance-Festzug. Und doch toppt der Architekt Alexandre Petitot diese Bilder mühelos. In seiner bizarren Kupferstichserie "Griechische Maskerade" gibt es: halb Damen, halb Vasen mit Vasenhenkelärmeln; halb Herren halb Kommoden.
Bildchronik der Adelsfamilie Khevenhüller
Zum ersten Mal überhaupt wird die Bildchronik der Kärntner Adelsfamilie Khevenhüller aus dem Jahr 1625 ausgestellt. Eine Serie von Temperamalereien auf Papier, farbfrisch wie gestern gemalt. "Dargestellt sind die verschiedensten Persönlichkeiten der Familie Khevenhüller - mit den Besitztümern, in erster Linie Kärnten, aber auch Oberösterreich. Da sieht man den Attersee und Schloss Weyregg." Im Detail sieht man sehr starke Spitzen, fein ausgearbeitete Halskrausen und bei den Händen einer Dame in Orange ist jeder Ring durchgezeichnet.
Modeentwürfe der Wiener Werkstätte aus der Saison 1914/15 lassen die Unruhe des beginnenden Kriegs ahnen, auch wenn das garantiert nicht beabsichtigt war. Es wäre spannend gewesen, die Modeutopien von seinerzeit zu konfrontieren mit Fotografien oder Videos der Modeutopien von heute. Mit der Art von Modestatements, die nur für die Show am Laufsteg bestimmt sind und oft gesellschaftliche Entwicklungen spiegeln. An der hohen Qualität der historischen Blätter kann man sich natürlich auch ohne Gegenwartsbezug vergnügen.
Service
MAK - Mode-Utopien - Haute Couture in der Grafik
13. April bis 4. September 2016