Wirtschaft hält an Entsenderichtlinie fest

Die gestrige Forderung des burgenländischen Landeshauptmanns Hans Niessl, bestimmte Branchen für ausländische Arbeitskräfte zu schließen, sorgt weiterhin für Diskussionen. Konkret geht es um die EU-Entsenderichtlinie, die es jedem EU-Bürger ermöglicht, in einem anderem EU-Land zu arbeiten.

Mittagsjournal, 15.4.2016

Im Burgenland sieht man vor allem die Gefahr des Lohn- und Sozialdumpings. Die Wirtschaft warnt vor der Abschaffung einer der Grundsäulen der EU. In Brüssel arbeitet man an einer Reform der Entsenderichtlinie.

Die Diskussion über die Entsenderichtlinie ist nicht neu. Jährlich gibt es in Europa rund zwei Millionen Entsendungen, das sind Arbeitnehmer, die von ihren Unternehmen vorübergehend in ein anderes EU-Land geschickt werden. Im Durchschnitt beträgt die Entsendedauer nur vier Monate.

Die meisten entsandten Arbeitnehmer nehmen Deutschland, Frankreich und Belgien auf, in diesen drei Ländern sind 50 Prozent aller Beschäftigten tätig. Österreich ist das viertbeliebteste Land. Nach den zuletzt vorliegenden Zahlen sind etwas mehr als 100.000 Arbeitnehmer aus dem EU-Ausland zu uns gekommen, umgekehrt sind nicht einmal halb so viele Österreicher ins Ausland gegangen.

Die meisten der Entsendeten arbeiten übrigens am Bau, gefolgt von der verarbeitenden Industrie sowie dem Gesundheits- und Sozialwesen. Würde man an der Entsenderichtlinie etwas ändern, wäre das ein Schuss ins eigene Knie der österreichischen Wirtschaft sagt Martin Gleitsmann von der Wirtschaftskammer Österreich.

Dem Argument, Ausländer würden vorzüglich zu Dumpinglöhnen arbeiten, kann er nichts abgewinnen.
„Österreich ist das Land in Europa mit der höchsten Kollektivvertragsdichte. 98 Prozent unserer Arbeitnehmer sind von Kollektivverträgen erfasst und das gilt natürlich für Entsendete auch.“

Warum kommt es dennoch immer wieder zu Aufgriff von Billigarbeitern? Hier sieht Gleitsmann ein Problem mit den Kontrollen von aus dem Ausland hereinarbeitenden Firmen. Diese würden zwar bei Gesetzesbruch gestraft, allerdings sei die Vollziehbarkeit der Strafen das Problem. „Das heißt, es ist nicht sichergestellt, dass die Strafen auch tatsächlich fließen, was wiederum eine Diskriminierung inländischer Arbeitgeber darstellt. Die werden seit Jahren scharf kontrolliert.“, so Gleitsmann.

Die EU-Kommission hat unter anderem auf Druck Österreichs erst kürzlich eine Überarbeitung der Entsenderichtlinie vorgeschlagen - darunter eine Begrenzung der Entsendung auf maximal zwei Jahre.
Gleitsmann: „Das haben wir schon im Sozialversicherungsbereich. Man kann das diskutieren, aber das sind nicht wirklich die Probleme, die wir haben. Vor allem unsere sehr, sehr hohe Arbeitslosigkeit werden wir mit dieser Thematik nicht in den Griff bekommen. Wirtschaftswachstum, Belebung, Innovationen, Investitionen – das sind die Themen, die wir haben. Und natürlich einen überbordenden Sozialstaat mit sehr hohen Abgaben.“

Es seien intelligente Lösungen für die Problematik hoher Arbeitslosigkeit gefragt, sagt Gleitsmann.