Im Journal zu Gast: Markus Hinterhäuser
Ein Russland- und Osteuropaschwerpunkt prägt die diesjährigen Wiener Festwochen, die die letzten von Intendant Markus Hinterhäuser sein werden. 2017 übernimmt Hinterhäuser die künstlerische Leitung der Salzburger Festspiele. Wolfgang Popp spricht mit ihm über sein letztes Wien-Programm, den bevorstehenden Wechsel nach Salzburg sowie über den Zustand der produktiven Erschöpfung.
26. April 2017, 12:23

APA/HERBERT NEUBAUER
Mittagsjournal, 23.4.2016
36 Produktionen aus 25 Ländern zeigen die Wiener Festwochen 2016 zwischen 13. Mai und 19. Juni. Für seine dritte und letzte Saison hat sich Markus Hinterhäuser die russische Theaterkritikerin und Dramatikerin Marina Davydova als Schauspielchefin an seine Seite geholt. Warum der Blick aus dem Osten auf die gegenwärtige Theaterszene?
"Wir leben in einer politischen Situation, die außerordentlich angespannt ist: das Verhältnis Russland gegen Westen, und Westen gegen Russland", so der Intendant. "Theater und Kunst reagieren auf ihre Weise auf politische Konstellationen und Entwicklungen. Sie ahnen diese manchmal voraus und reflektieren Gefahren." Hinterhäuser sei nicht optimistisch, dass die Kunst einen konkreten Beitrag zu einer Entspannung leisten kann, aber "wenn wir nicht zumindest eine Haltung zeigen würden, dann stellt sich für uns auch die Sinnfrage".
Neben Beethovens "Fidelio", den Achim Freyer anstelle von Dmitri Tcherniakov inszenieren wird, steht Mieczysław Weinbergs Oper "Die Passagierin" auf dem Programm. Was macht Weinberg so spannend? "Er ist nicht nur durch seine Biografie eine ganz große Erscheinung, die vieles in den Schatten stellt. So gut wie seine ganze Familie wurde in den verschiedensten Konzentrationslagern ermordet. Er selber musste zuerst vor den Nazis, dann vor Stalin fliehen. In seiner Biografie sind die Katastrophen des 20. Jahrhunderts eingeschrieben. Als Komponist ist er keine avantgardistische Stimme, sondern eine vollkommen aufrichtige Stimme, die auch absolut unverwechselbar ist."
Im Festwochenprogramm ist auch Jan Fabres 24-Stunden-Theater-Marathon "Mount Olympus" programmiert. Gibt es eine Begeisterung für die Erschöpfung? "Kann sein", so Hinterhäuser mit einem Schmunzeln. "Die Form ist vollkommen extrem. Es ist ein energetisches, verrücktes, jedes Mas sprengende Gesamtkunstwerk. Es lohnt sehr, dass Wien diese Anstrengung, die wir und die Künstler unternehmen, erleben kann." Eine gewisse Anstrengung müsse auch das Publikum auf sich nehmen.
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Wiener Festwochen - 13. Mai - 19. Juni 2016