Liebesreigen im Wiener Akademietheater

So unwahrscheinlich wie "Die Wiedervereinigung der beiden Koreas", so unwahrscheinlich scheint das Gelingen dieser Liebe. Und doch, "die Hoffnung bleibt", sagt Regisseur Peter Wittenberg. Mit einem Stück des französischen Autors Joel Pommerat kehrt er nach erfolgreichen Jahren an deutschen Bühnen an die Burg zurück. Premiere ist am Freitag im Akademietheater.

Morgenjournal, 27.4.2016

Mystische Verzückung oder neurochemische Reaktion?

Es ist ein irreführend trockener Titel - für ein Stück, in dessen Zentrum ein so erhabenes Gefühl steht wie die Liebe. So unwahrscheinlich wie die Wiedervereinigung der beiden Koreas, so unwahrscheinlich scheint das Gelingen dieser Liebe. Und doch, die Hoffnung bleibt - sagt Regisseur Peter Wittenberg. Inspiriert von Schnitzlers "Reigen" und Ingmar Bergmanns "Szenen einer Ehe" wird die Liebe - sei sie jetzt mystische Verzückung oder doch nur neurochemische Reaktion, umkreist.

Der Arzt und die Patientin, die Sekretärin und der Chef, die Prostituierte und der Freier, die Nachbarin und der Nachbar oder das kinderlose Ehepaar. Die Paarungen, die Joel Pommerat auf die Bühne stellt, sind bekannt; doch die rund 20 kleinen Minidramen, spielen oft mit einer Erwartungshaltung, die gebrochen wird, sie erzeugen Spannung und bewahren ein gewisses Geheimnis.

Knackpunkt, der die Angst auslöst

Ein Ehepaar kommt nach einem gemeinsamen Abend nach Hause, will die Babysitterin bezahlen, doch die Kinder sind nicht in ihren Betten. "Da waren nie Kinder", sagt die Babysitterin, und ein Abgrund tut sich auf. Ein Lehrer muss sich rechtfertigen, seinen Schüler zu lieben, doch der vermeintliche Missbrauch entpuppt sich als unschuldige Menschenliebe. Ein Pfarrer will die Prostituierte, die ihm jahrelang Gefährtin war, mit Geld entschädigen, und kann ihre Kränkung nicht verstehen.

In allen kleinen Szenen, gäbe es einen Knackpunkt, sagt der Regisseur Peter Wittenberg, einen Moment des Schreckens, der die Angst auslöst: "An diesem Punkt merkt man, das wird nicht mehr wie früher, oder die Weichenstellung hat sich so gedreht, dass sich etwas im Leben ändern muss."

Das Publikum darf sich freuen

Peter Wittenberg, Jahrgang 1963, der in der Ära Peymann oft am Burgtheater inszeniert hat, kehrt nach langen erfolgreichen Jahren an deutschen Bühnen an die Burg zurück. Er schätzt sein hervorragendes Ensemble, zu dem unter anderem Dörte Lyssewswki, Petra Morzé, Markus Hering oder Martin Reinke gehören. Alle schlüpfen in mehrere Rollen, und sorgen zwischendurch als singender Amor im Goldkleid für Entspannung.

Jede Szene auf der dunklen leeren Bühne wird mit einem hellen Lichtbalken wie bei einer Zaubertafel weggewischt und abgezogen - neues Glück, neue Liebe. Die eine oder andere schwächere Szene wird vielleicht noch im Probenprozess geopfert; und doch kann man sich schon jetzt auf einen leichten aber nicht seichten, langen aber nicht langatmigen, unterhaltsamen aber nicht banalen Abend freuen. Die Premiere von "Die Wiedervereinigung der beiden Koreas" findet am Freitag im Akademietheater statt.

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Burgtheater - Die Wiedervereinigung der beide Koreas

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