Der Weg bis zum neuen Bundeskanzler

Reinhold Mitterlehner führt nun die Geschäfte als Kanzler - allerdings wohl nicht so, wie er sich das als ÖVP-Bundesparteiobmann zum politischen Ziel gesetzt hat, sondern nur vorübergehend. Solange nämlich, bis die SPÖ einen neuen Parteichef gefunden hat, der dann auch Kanzler wird. Den allerdings müsste dann auch die ÖVP akzeptieren, sonst fehlt der Koalition die Mehrheit im Nationalrat. Zum weiteren formalen Ablauf Stimmen von Juristen.

Morgenjournal, 10.5.2016

Theoretisch könnte die jetzige Situation mit einem interimistischen Bundeskanzler an der Spitze der Bundesregierung einfach weiterlaufen, erklärt der Verfassungsjurist Theo Öhlinger. Frist, bis wann ein neuer, regulärer Bundeskanzler im Amt sein muss, gibt es laut Verfassung nämlich keine. Logischer Schritt sei, dass sich die SPÖ auf einen neuen Bundeskanzler einigt und beide Parteien in der Koalition das akzeptieren und der amtierende Kanzler zum Bundespräsidenten geht und um die Enthebung der provisorischen Regierung bittet.

Die übrigen Regierungsmitglieder bleiben im Amt, auch wenn der Bundeskanzler ausgetauscht wird. Rechtlich möglich wäre ein größerer Regierungsumbau bei dieser Gelegenheit aber schon, sagt Öhlinger.

Gibt es keine Einigung auf einen neuen Bundeskanzler – zuerst innerhalb der Sozialdemokraten oder im Anschluss mit dem Koalitionspartner ÖVP, die schon angekündigt hat, mitreden zu wollen - dann können Neuwahlen die Folge sein entweder von der Regierung verlangt oder vom Nationalrat.

Praktisch käme eher dieser zweite Fall in Betracht, sagt Verfassungsjurist Öhlinger. Denn eine parlamentslose Zeit werde man wohl nicht riskieren wollen. Sollte es Neuwahlen geben, dann wäre dies frühestens im Herbst realistisch. Während der Sommerferien werden Wahlen vermieden, und für den Fristenlauf einer bundesweiten Wahl sind rund drei Monate notwendig. Regulär sind die nächsten Wahlen zum Nationalrat für den September 2018 vorgesehen.