Häupl will Kriterien-Katalog für Koalitionen

Die SPÖ hat turbulente Wochen hinter sich. Zuerst der Tiefschlag bei der Bundespräsidentschaftswahl, dann das historisch einmalige Pfeifkonzert für einen SPÖ-Vorsitzenden am 1. Mai und schließlich der Höhepunkt mit dem Rücktritt von SPÖ-Chef und Bundeskanzler Werner Faymann. Einer, dem die Partei offenbar noch immer die Rolle des Troubleshooter zutraut, musste ausrücken - Wiens Bürgermeister Michael Häupl. Doch diesmal war einiges anders. Von außen hatte man vielfach den Eindruck, Häupl sei mehr Passagier als Kapitän der SPÖ.

Michael Häupl

APA/ROLAND SCHLAGER

Mittagsjournal, 14.05.2016

Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) im Gespräch mit Edgar Weinzettl

"Natürlich habe ich nichts gewusst"

Wiens Bürgermeister Michael Häupl gesteht ein, dass er in die konkreten Ablösepläne Werner Faymanns nicht eingeweiht war. Gerhard Zeiler hatte gesagt, dass er sich mit Christian Kern seit mindestens einem Jahr intensiv über die Ablöse Faymanns ausgetauscht habe. Er habe gewusst, dass sich die beiden Herren sehr gut kennen, sagt Häupl, er habe auch gewusst, dass beide Kritiker der Regierungspolitik sind, aber "natürlich habe ich nichts gewusst von der Ablöse, den Ablösegelüsten oder den Ablöseplänen von Werner Faymann. Ich hätte das ehrlich auch gesagt nicht geduldet." Auch habe er nicht gewusst, dass Zeiler beim nächsten Parteitag gegen Faymann kandidiert hätte.

Als einen Auslöser für Werner Faymann Rücktritt sieht Häupl das Pfeifkonzert 1. Mai am Rathausplatz: "Das war ja wirklich entsetzlich." Faymann selbst habe ihn nicht in seine Rücktritts-Pläne involviert. Auf die Frage, ob er ihm das ankreide, sagt Häupl: "Nein, unter diesem emotinalen Druck, dem Faymann ausgesetzt war, verstehe ich viel."

"Man kennt Kern, man kennt Zeiler nicht"

Hätten Häupl sich für Kern entschieden? Er hätte mit beiden - mit Kern oder Zeiler - sehr gut leben können. Er kenne ihre Qualitäten, er habe den Vorteil, dass er Gerhard Zeiler schon lange kenne. Das können die anderen Landespartei-Chefs nicht sagen und das hätte schlussendlich den Ausschlag gegeben: "Man kennt Kern, man kennt Gerhard Zeiler nicht, und das war der Unterschied."

Ob die Wiener Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely in das Regierungsteam wechseln wird, will Häupl nicht beantworten.

Häupl wünscht sich Koalitions-Kriterienkatalog

Michael Häupl will sich dem Vorschlag des Kärntner Landeshauptmanns Peter Kaiser anschließen und für alle künftige Koalitionen einen Kriterienkatalog ausarbeiten lassen. Darin soll festgelegt werden, unter welchen Bedingungen die SPÖ künftig - egal mit wem - Koalitionen eingeht. Darin enthalten soll sein "ein Bekenntnis zu Österreich, zu Europa und anderen Kriterien etwa in Hinblick auf die soziale Frage. Also man wird nicht mit einer Partei koalieren können, die sämtliche soziale Maßnahmen, sämtliche Maßnahmen zur Armutsbekämpfung, sämtliche Maßnahmen, die es im Bereich der Betriebsdemokratie gibt, dagegen gestimmt und unterbunden hat. Dann muss man sagen, und das hat nichts mit Ausgrenzung zu tun - da gibt´s eben keine inhaltliche Übereinstimmung. Und das würde für alle Ebenen gelten." Häupl erwartet sich einen entsprechenden Beschluss für den 25. Juni, wenn Christian Kern bei einem vorgezogenen Parteitag gewählt wird. Bis dahin müsste man eine Diskussion vorbereiten und vernünftig führen können, so Häupl.

Flüchtlinge: Strafzahlungen für säumige Länder

Dem neuen Innenminister, Wolfgang Sobotka (ÖVP) will Michael Häupl 100 Tage Einarbeitungszeit zugestehen. Danach werde zu beurteilen sein, ob Sobotoka nicht doch von seinem Durchgriffsrecht zur gerechten Verteilung der Flüchtlinge in Österreich Gebrauch machen sollte. Für Gemeinden, die sich beharrlich weigern, Flüchtlinge aufzunehmen, fordert Häupl erneut Strafzahlungen: "Wenn man von Europa eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge verlangt, und ich unterstütze diese Forderung, dann muss man es im eigenen Land auch machen. Nota bene, wo es hier einen Staatsvertrag zwischen den Ländern und dem Bund gibt, der das regelt. Und wenn man in Europa verlangt, dass es materielle Sanktionen gibt, nämlich, ein Land, das keine Flüchtlinge aufnimmt, zahlt pro Flüchtling 250.000 Euro, dann meine ich, dass man darüber nachdenken sollte, wie man materielle Sanktionen auch in Österreich schafft."

5 Reformen umsetzen

Von einem neuen Koalitionspakt mit der ÖVP nach dem Wechsel zu Kern hält Michael Häupl nichts. Was mit der ÖVP vereinbart sei, das gilt. Häupl fordert aber die Regierung auf, 5 Punkte zu definieren und diese bis zur Nationalratswahl 2018 sichtbar abzuarbeiten. Es gebe zum Beispiel eine fertig ausverhandelte Schulreform, die müsste nur umgesetzt werden.

Wann ist für Häupl Christian Kern eine erfolgreicher Parteichef? "Wenn er die nächsten Wahlen gewinnt."

Wahlkampf-Auslagerung war ein Fehler

Der Umgang der SPÖ mit ihrem Bundespräsidentschaftskandidaten Rudolf Hundstorfer sei nicht nach seinem Geschmack gewesen: "Nein, um das offen zu beantworten. Die Auslagerung eines Wahlkampfes aus der Partei hinaus für einen deklarierten Kandidaten einer Partei ist ein Fehler."

Auf die Frage, ob er schon einen Plan für seine Nachfolge habe, beantwortet er mit Ja. So wenig wie Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll vorher über seine Pläne geredet hat, rede er darüber. "Ich hoffe, sie beurteilen das nachher milder, als jetzt die Aktivitäten meines Landeshauptmann-Kollegens aus Niederösterreich."