Gedichte von Joachim Sartorius

Für nichts und wieder alles

Von Orten und Mythen, von Schönheit und Vergänglichkeit handelt der neue Band von Joachim Sartorius. Der Dichter hat heuer seinen 70. Geburtstag gefeiert und ist auch Herausgeber und Übersetzer amerikanischer Literatur: insbesondere von Lyrik, etwa von John Ashbery, Wallace Stevens und E. E. Cummings.

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Joachim Sartorius, "Für nichts und wieder alles", Gedichte, Kiepenheuer & Witsch Verlag

Für Gedichte braucht man Zeit. Gerade einmal 90 Seiten benötigt Joachim Sartorius für seinen neuen Gedichtband "Für nichts und wieder alles", der vorige, "Hotel des Etrangers", liegt acht Jahre zurück. Für das schmale Buch wendet man nicht weniger Zeit auf als für einen stattlichen Roman. Mit flüchtiger Lektüre ist es nicht getan, mit einmaliger Lektüre auch nicht. Wir müssen uns einlassen auf ein Durcharbeiten von Wort zu Wort, und Eindeutigkeit bekommen wir dennoch nie.

Den Dichter verschlägt es nach Alexandria, an den Dnjepr und nach Dubai, er hält sich auf unter Tamilen, Beduinen und Türken, und wenn es ihm reicht und er zu Ruhe kommen will, zieht er sich zurück nach Seebeck, ein Dreihundert-Seelen-Dorf in Brandenburg. Sartorius geht auf im Landleben und lässt uns nicht darüber im Unklaren, was ihm dort widerfährt. Was sich in der Natur abspielt, schlägt sich unmittelbar nieder im eigenen Erleben. "Die Nebellandschaft schmeckt trübev, teilt er uns mit, der See jedenfalls sticht ihm besonders ins Auge. Einmal bildet "der See eine weiße Fläche/vor dem Scherenschnitt des Schilfs", ein anderes Mal braucht er ihn, um Abendstimmung und eine "überirdische Stille" ins Bild zu setzen: " … der See ruht", heißt es dann und zum Stimmungsaufschwung kommen noch "Holunderduft von drüben Stille Ruhe" dazu.

Diese Gedichte stehen unter Spannung. Sie greifen auf etwas zu, was sich keineswegs im Verborgenen abspielt. Landschaften, Städte Fotos sind allgemein zugänglich. Wichtig ist aber, was sie auslösen im Dichter. "Das Ersehnte", wie es einmal heißt, vermag die Wahrnehmung zu wecken, und das tief im Herzen Versenkte zu lösen. Sartorius-Gedichte sind immer auch spirituelle Ereignisse.