Friedrich Liechtenstein gastiert in Wien

Er verkörpert einen Dandy alten Schlags, tritt stets im feinen Zwirn auf und hat im vorgerückten Alter von 47 Jahren beschlossen, Popstar zu werden. Der vielseitig begabte Entertainer Friedrich Liechtenstein hat es vom Berliner Szenebiotop bis in die "New York Times" geschafft. Heute Abend gastiert Liechtenstein mit Band im Wiener Theater Akzent.

Friedrich Liechtenstein

ORF/Florian Waitzbauer

Kulturjournal, 19.5.2016

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Akzent - Friedrich Liechtensteiln Trio

Vom Berliner Geheimtipp zum YouTube-Star

Ein älterer Herr mit weißem Vollbart, Sonnenbrille und eleganter Erscheinung zwischen den vollgepackten Regalen eines Supermarktes. 2014 warb die deutsche Supermarktkette Edeka mit Friedrich Liechtensteins Song "supergeil" und landete einen YouTube-Hit. 15 Millionen Mal wurde der Song angeklickt. "Der Edeka-Clip war toll für mich, aber der Song ist wirklich nur ein Krümel auf dem Sofa meines Oeuvres", sagt Friedrich Liechtenstein. Dass die Medien immer noch von seinem Werbe-Hit "supergeil" sprechen, nervt den 60-Jährigen mittlerweile. Doch die virale Marketingkampagne machte ihn quasi über Nacht vom Berliner Geheimtipp zum Star.

Begonnen hat Liechtensteins Karriere in den 1980er Jahren. In der damaligen DDR ist Liechtenstein, der eigentlich Hans Holger Friedrich heißt, als Schauspieler mäßig erfolgreich. Nach der Wende spielt er in den Berliner Sophiensälen und an der Volksbühne Berlin. Bis er 2003 die Kunstfigur Friedrich Liechtenstein erfindet und beschließt, Popstar zu werden. Spät berufen. Zu diesem Zeitpunkt ist Liechtenstein bereits 47 Jahre alt.

"Erstmals war es die Absicht in Zeiten der Ohnmacht eine Allmachtsfantasie zu haben und zu sagen: 'Ich bin toll! Ich bin glänzend! Ich bin groß!' Da ist Pop am besten dafür geeignet. Ich hatte einen ersten Hit 'Schwarzer Mann' und trat damit gemeinsam mit Sasha Waltz in der Oper von Bordeaux auf. Der Abend war zweimal ausverkauft. Ich stand eine dreiviertel Stunde auf der Bühne und die Leute haben mir zugejubelt. Ich dachte: 'Wow, das fühlt sich gut an. Im Vergleich zu Theaterarbeit. Ich werde Popstar!'", erinnert sich Friedrich Liechtenstein sich an die Anfänge seiner Karriere.

"Ich bin toll! Ich bin glänzend! Ich bin groß!"

Die Mischung aus Elektro-Pop und Liechtensteins sonorem Sprechgesang begeistert bald eine eingefleischte Fangemeinde. Gemeinsam mit den Produzenten Arnold Kasar und Nicholas Bussmann veröffentlicht Liechtenstein 2004 sein erstes Album. 2014 legt er sein Konzeptalbum "Bad Gastein" vor. Eine Hommage an den morbiden Charme des einstigen Weltkurorts, der zu seinen besten Zeiten das Monte Carlo der Alpen genannt worden ist. "Bad Gastein hat mich erwischt. Ich war schockverliebt! Ich bin da ausgestiegen und mich hat's gerissen und seitdem beschäftige ich mich intensiv mit diesem Ort und überlege, was kann man damit machen, welche Geschichten gibt es dort. Was hat es mit mir zu tun? Warum bin ich so fasziniert? Ein Ergebnis dieser Auseinandersetzung ist das Konzeptalbum 'Bad Gastein'", sagt Friedrich Liechtenstein.

Zuletzt schlug Liechtenstein merklich ruhigere Töne an. "Schönes Boot aus Klang" heißt sein 2015 erschienenes Album. Liechtenstein schwelgt in der Tradition des Jazzchansons und präsentiert ein Klangbild getragen von Klavier, Saxophon und Bassklarinette. Gepflegte Unterhaltung gewürzt mit einer Prise Retroschick.

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