"Der Nachtmahr": Techno-Horror im Kino

Das Grauen, das nachts auf den Menschen lastet, verkörpert ein Wesen aus der Fabel- und Sagenwelt namens "Der Nachtmahr". Das auf Gemälden des 18. und 19. Jahrhunderts verewigte Monster könnte man als die Bündelung unserer innersten Ängste verstehen. Regisseur Akiz widmet ihm seinen Berliner Techno-Horror-Film.

Dieses dunkle Märchen ist ab sofort in den heimischen Kinos zu sehen. Zu Beginn wird darauf hingewiesen, dass der Film sehr laut abgespielt werden soll und für Epileptiker nicht geeignet ist.

Kulturjournal, 27.5.2016

Der Grat zwischen Zurechnungsfähigkeit und Wahnsinn ist manchmal hauchdünn und kann sich bloß durch einen Ohnmachts-Anfall verschieben. War es die Hitze, Dehydration oder die Drogen? Was auch immer Tina aus ihrer gewohnten, hedonistischen, Party-Teenagerwelt geworfen hat - diese heiße Sommernacht markiert einen Bruch. Traum und Realität verschwimmen von jenem Moment an und ein Wesen tritt in ihr Leben. Kaum größer als ein Kleinkind - grau, alt und hässlich, mit riesigen beinahe erblindeten Augen. Regisseur und Bildhauer Achim Bornhar, alias Akiz ist Schöpfer dieser bizarren Kreatur.

Die gut bürgerliche Welt der Eltern droht zu zerbrechen. Beschämt und verängstigt schicken sie ihre Tochter zum Psychiater. Freunde distanzieren sich - der Gedanke Tina einweisen zu lassen steht im Raum. Es bleibt nur dieses Wesen - scheinbar seelisch mit ihr Verbunden. Und bald empfindet sie anstatt von Furcht und Ekel eine unerklärliche Nähe und Vertrautheit. Damit bedient sich Regisseur Akiz eines Genres, außerhalb des klassischen Horrorfilms.

Ästhetik eines Low-Budget-Films

Durch weitwinkelige Aufnahmen und ohne zusätzliches Licht am Set, entsteht die Ästhetik eines Low-Budget-Films, die bewusst gewählt ist, um Nähe zu erzeugen: Die Gesichter glänzen verschwitzt im Schwarzlicht der Underground Clubs, der Kühlschrank surrt und man riecht geradezu seinen Inhalt. Die niedrigen Decken des Fertigteilhauses beengen und schreien nach Spießbürgertum.

Akiz wechselt mit harten Schnitten zwischen diesen Welten, die für Tina immer ferner wirken - keinen Schutz mehr bieten. Durch die Augen eines Teenagers blickend, lässt Akiz Platz für die eigenen Komplexe und Ängste - das Geltungs- und Emanzipationsbedürfnis eines jeden Heranwachsenden. Platz für Selbstreflexion und Interpretation.

Am Ende des Films bleibt nichts übrig. Völlig alleine gelassen scheint das dunkle Techno-Märchen nur einem etwas zu bringen: Akiz selbst. Es sickert erst langsam und wird die Fans des gepflegten Genre-Films spalten. Da der Nachtmahr jedoch der erste Teil einer Trilogie ist, ist es ohnehin zu früh um zu urteilen. Und dem Nachtmahr bleibt Zeit sich in unseren Köpfen zu entfalten.