Was ist Populismus?

8. April 2017, 21:58

Jan Werner Müller möchte zunächst mit einigen Vorurteilen gegenüber dem Populismus aufräumen – etwa der Auffassung, dass die Sympathisanten populistischer Parteien vornehmlich aus ungebildeten unterprivilegierten Schichten kämen und Modernisierungsverlierer seien. Oder dass Populisten immer Nationalisten seien, dass sie sich durch charismatische Führungspersonen auszeichnen, dass sie – einmal in der Regierung – sicher scheitern. All diese sozialpsychologischen Erklärungen lehnt Müller als zu weich und irreführend ab. Viel zu unterschiedlich seien die Ausprägungen und die inhaltlichen Orientierungen der einzelnen Bewegungen – allerdings gebe es zwei klare strukturelle Elemente, an denen man Populisten immer erkennen könne: An ihrer Abgrenzung gegen Eliten und an ihrem Anspruch, den kleinen Mann, also das eigentliche Volk zu vertreten.

Wer Pluralismus ernst nimmt, muss also auch die Populisten anhören. Müllers Buch ist eine gute Einführung in das Thema, unter anderem, weil es auf eine breite Diskussion verweist und auch auf Linkspopulismus und die mit ihm verbundenen Hoffnungen eingeht. Der Text beruht ursprünglich auf einer Vortragsreihe, die Müller in Wien gehalten hat. Leider machen die vielen in Klammern eingefügten Nebenbemerkungen im Text das Lesen stellenweise etwas beschwerlich. Insgesamt aber findet man hier kompaktes Wissen sozusagen für die Westentasche, eine plausible Bestimmung der Strukturmerkmale des Populismus und ein klares Fazit: Das homogene Volk an sich gibt es nicht, und auch wenn der Name es nahelegen könnte: Demokratie ist nicht populistisch - Demokratie ist pluralistisch.