Kunst Haus Wien zeigt Fotos von Martin Parr

Der Magnum-Fotograf Martin Parr ist bekannt für seinen realistischen, ironischen, manchmal bissigen Zugang zur Alltagskultur, insbesondere der Kultur seiner Heimat Großbritannien, die er mit seinen bunten, oft skurrilen Fotos seit den 1970er Jahren dokumentiert.

Nun hat er sich in Wien umgesehen, und eine Fotoserie produziert, die lokale Traditionen aufs Korn nimmt. Zu sehen ist sie im Rahmen einer großen Retrospektive im Kunst Haus Wien: "Martin Parr - A Photographic Journey".

Mittagsjournal, 2.6.2016

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Kunsthaus Wien – Martin Parr. A Photographic Journey

Von Kuchen und Bällen

"Cakes and Balls" heißt die neue Fotoserie von Martin Parr - Kuchen und Bälle, also Tanzveranstaltungen, hat der weltberühmte Fotograf in den letzten Monaten für seine Ausstellung im Kunsthaus Wien fotografiert. Dafür hat er eine Schrebergartensiedlung besucht, die Produktionsstätte der Konditorei Aida, traditionsreiche Kaffeehäuser und vor allem viele Feste. Sämtliche Klischees, die er von Wien hatte, treffen zu, sagt Martin Parr - das habe die Motivsuche in Wien leicht gemacht.

Klischees und Stereotypen spürt Martin Parr mit einer großen Lust auf - um neue Bilder davon in die Welt zu setzen. Die Wiener Serie etwa zeigt einen Teller mit Sacherwürsteln, Senf und Kren, in den Händen einer Ballbesucherin mit weit ausgeschnittenem Paillettenkleid. Oder ein goldbraun rausgebackenes Schnitzel, das weit über den Tellerrand ragt. Oder auch Details von pittoresken Mehlspeisen in der Faschingszeit. Essen - und zwar nicht immer appetitlich abgelichtet - das ist ein immer wiederkehrendes Motiv im Werk von Martin Parr.

Während er das immer schon mache, sei es mit dem Aufkommen der Digitalfotografie und der Selbstdarstellung in sozialen Medien zu einem Boom von Essensfotos gekommen, sagt Parr, und er illustriert dieses Phänomen mit dem Bild zweier Touristinnen im Café Central, die die Kuchen vor sich fotografieren.

"Es liegt am Betrachter"

Die Kontinuität von Serien über Jahrzehnte lässt auch Rückschlüsse über die Entwicklung der Fotografie zu. Etwa anhand der Porträts, die Martin Parr in professionellen Fotostudios von sich anfertigen lässt. Allerdings halte er mit diesen teilweise skurrilen, gestellten Aufnahmen auch seinen eigenen Alterungsprozess fest, sagt der 64-Jährige.

Er habe sich mit dem Alter abgefunden, sagt Martin Parr - und wenn jemand sich auf seinen Fotos nicht gefalle, dann liege das am Betrachter selbst, nicht aber am Fotografen. Mit diesem Argument kontert Parr regelmäßig Kritikern seiner hyperrealistischen Fotografie mit Augenmerk auf das Banale, Schräge und Hässliche. Er zeigt, was in einer von Massentourismus und Verschwendung geprägten Konsumgesellschaft an Absurditäten ohnehin vorhanden ist.

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