"Die unglaubliche Entführung des Charlie Chaplin" im Kino

Zu Weihnachten 1977 starb Charlie Chaplin und wurde in seiner Wahlheimat in der Westschweiz begraben. Doch schon ein paar Monate später haben Unbekannte den Sarg entwendet. Dieser skurrile Kriminalfall hat den französischen Regisseur Xavier Beauvois zu seinem neuen Film, "Die unglaubliche Entführung des Charlie Chaplin", inspiriert.

Mittagsjournal, 7.6.2016

Die kleine Tochter möchte studieren, aber das Geld fehlt. Die Ehefrau liegt im Krankenhaus und braucht eine teure Behandlung, doch die ist nicht leistbar, die Behausung der Familie ist in wenig erfreulichem Zustand, die Bank in Sachen Kredit mäßig hilfreich, kurzum: die finanzielle Misere des Algerien-Einwanderers Osman (Roschdy Zem) ist umfassend. Doch sein Freund Eddy (Benoit Poelvoorde) weiß Abhilfe: Man könnte doch den Sarg des verstorbenen Charlie Chaplin ausgraben und für die Rückgabe Lösegeld verlangen. "Eine sichere Sache", meint Eddy, "eine blöde Idee", findet Osman.

Tollpatschige Helden

Osman und Eddie, zwei Figuren, die unterschiedlicher nicht sein könnten, der eine arm aber anständig, der andere auch arm, aber ein Schlawiner frei nach dem Motto, wer kein Geld hat, muss sich nur zu helfen wissen. Not und Tugend halten dieses ungleiche Paar zusammen, gemeinsam bestreiten sie eine Tour de Force in die eigene Tollpatschigkeit.

Beauvois verbindet hier ein sogenanntes Buddy-Movie mit einem sozialrealistischen Drama, das ständig gebrochen wird durch bizarren Slapstick: So ein schwerer Sarg will erst einmal ausgegraben werden, zwischendurch eine kleine Tanzeinlage. Und ein Erpresseranruf aus der Telefonzelle ist eine Gratwanderung zwischen notwendiger Drohgebärde, angesagter Coolness und Verhandlungsflexibilität, denn bereits vier Anrufer hätten eine Lösegeldforderung gestellt.

Chaplin-Tochter spendabel

Lachen und Weinen zugleich, das sei das Schöne an den Filmen von Charlie Chaplin, meint Regisseur Beauvois, und genau diese Stimmung wollte auch er im durch seine beiden Hauptfiguren vermitteln. Als schließlich ein Zirkus in der Stadt auftaucht - ein Verweis auf Chaplins Film "Der Zirkus" aus dem Jahr 1928 - nimmt diese "unglaubliche Entführung" eine Wende: weg von weitgehend realen Fakten hin zum Märchenhaften. Denn freilich hat das Leben im Kino für derart sympathische Verlierer einen gütlichen Ausweg parat. Während sich im Film Chaplins Tochter als spendabel erweist, hatten die wirklichen Entführer aus Osteuropa 1978 weniger Glück: Sie wurden zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.