Von Paul Mason
Postkapitalismus
Die Sozialdemokratie müsse so ehrlich sein und sagen: wir definieren Gesellschaft nicht mehr über Arbeit, sagt Paul Mason. Die Zeit der Arbeit läuft aus. Warum überlegen wir uns nicht ganz neue Strukturen des Zusammenlebens?
8. April 2017, 21:58

SUHRKAMP VERLAG
In seinem Buch behauptet Paul Mason folgendes: der Kapitalismus ist am Ende. Das ist nicht besonders originell und das weiß er auch. Marx und Engels haben vor 150 Jahren schon geschrieben, dass der Kapitalismus keine Zukunft hat, dass er nur ein Durchgangsstadium darstelle. Aber niemand kann abstreiten, dass in den vergangenen 150 Jahren der Wohlstand enorm zugenommen hat und weite Teile der Weltbevölkerung demokratisch organisiert sind. Das ist, bei aller Diskussionswürdigkeit der Verteilungsgerechtigkeit, eine ziemliche Leistung.
Deshalb spricht Paul Mason gar nicht vom Kapitalismus in seiner Gesamtheit, sondern nur von seiner neoliberalen Ausprägung. Der Neoliberalismus ist das Selbstvernichtungsprogramm des Kapitalismus. Seine extreme Ungerechtigkeit, so Masons Überzeugung, muss zum Kollaps des Systems führen. Und es geht gar nicht darum, sich darüber zu freuen, sondern darum, rechtzeitig an Alternativen zu arbeiten.
Mason macht Stimmung für den Wechsel. Es geht jetzt darum, die Ideen jenseits des Kapitalismus, wie wir ihn kennen, zu bündeln. Er wolle all die Werte, die von Marx über sämtliche linke Bewegungen schon formuliert wurden, dorthin bringen, wo sie ihren Platz haben: in die Korridore der Macht.
Die vielen Ideen der Linken verpuffen, wenn sie nicht von einer starken politischen Bewegung vorangetrieben werden. Diese Bewegung ist für Paul Mason die Sozialdemokratie. Wenn man sich den Zustand der sozialdemokratischen Parteien in Europa anschaut, können einem da schon Zweifel kommen. Aber andererseits: welche Bewegung ist in der Lage, Individualität, soziale Gerechtigkeit und Zukunftsoptimismus abseits von Glaubensfragen und ideologischer Doktrin zusammenzuführen? Mag sein, dass Paul Mason in seinem Buch keine Lösungen anbietet. Aber er verbreitet Zuversicht. Das ist schon nicht schlecht.