50.000 Flüchtlinge sitzen in Griechenland fest
In Griechenland entstehen immer mehr Flüchtlingslager. Nach der Räumung des improvisierten und überfüllten Lagers Idomeni an der mazedonischen Grenze Ende Mai wurden rund 4.000 Menschen in neu errichtete staatliche Auffanglager gebracht. Dort herrschen zum Teil schlimme Zustände. Insgesamt sitzen in Griechenland derzeit etwa 50.000 Flüchtlinge fest. Die Stimmung unter ihnen ist gespannt.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 13.06.2016
Lager mit Namen Softex
Softex wird das Lager genannt - nach der Firma, die früher hier Toilettenpapier hergestellt hat. Heute stehen in der riesigen Lagerhalle etwa 150 weiße Zelte dicht aneinandergedrängt, 300 weitere im Freien. Kinder laufen umher, Müll liegt herum, ein Mann versucht vor seinem Zelt Zigaretten und Nudeln zu verkaufen; viele kochen hier auf mitgebrachten Gaskochern, trotz der großen Feuergefahr in der Halle, weil sie das Essen, das sie bekommen, ungenießbar finden.
Dunkle, unbeleuchtete Lagerhalle
Ali Mustafa ist mit seiner Frau und den fünf Kindern aus Aleppo geflohen - vor dem IS und vor dem Krieg. Die dunkle, unbeleuchteten Lagerhalle findet er nicht so schlimm - im Vergleich zu Idomeni, wo sie vorher waren: "Es ist immerhin besser als in der prallen Sonne zu sein. Wir bitten Gott, uns zu helfen. Wir wollen nach Deutschland, zu meiner Schwester. Meine Kinder können hier nicht zur Schule gehen, sie haben den ganzen Tag nichts zu tun." Ali Mustafas Frau Rana hat eine Bitte: "Als wir hier herkamen, war Winter. Wir haben keine Sommerkleidung mit, nur warme Sachen. Hier hat noch niemand Kleidung verteilt, aber wir brauchen welche."
1400 Flüchtlinge leben im Lager
Der Militärkommandant des Lagers, Dimitris Doksoglu, ist sich der Probleme bewusst; er bemüht sich um Verbesserung für die derzeit 1400 Flüchtlinge, die hier untergebracht sind. "Stabilität ist unsere erste Priorität. Zuerst brauchen die Menschen Essen und ein Dach über dem Kopf, als nächstes dann heißes Wasser und Zugang zum Internet. Ganz wichtig ist auch Schule und Ausbildung für Kinder und Jugendliche, denn wenn die jungen Leute den ganzen Tag nichts zu tun haben, droht Chaos."
Griechische Regierung überfordert
In der Tat ist die Nervosität spürbar groß. Immer wieder kommt es in den überfüllten Lagern zu ethnischen Spannungen und Ausschreitungen, etwa zwischen Kurden und arabischstämmigen Flüchtlingen. Die griechische Regierung ist überfordert mit der Organisation und der Finanzierung der Lager; zahlreiche internationale Hilfsorganisationen sind bereits aktiv, das Österreichische Rote Kreuz wird demnächst die Sanitäranlagen im Softex-Camp übernehmen und die hygienischen Bedingungen verbessern.
Bis zu 2 Jahre Wartezeit
Was den Flüchtlingen am meisten Sorgen bereitet, ist die Ungewissheit über ihr weiteres Schicksal. Seit Monaten warten sie darauf, weiterreisen zu können. Am vergangenen Donnerstag hat endlich die sogenannte Vorregistrierung begonnen, erst danach werden die Menschen zu den eigentlichen Asylverfahren zugelassen. "Nur Gott kann uns helfen", sagt Ali Mustafa vor seinem Zelt. "Wir möchten in Freiheit leben und, dass es unseren Kindern einmal besser geht." Laut Schätzungen der griechischen Behörden könnte es aber noch bis zu zwei Jahre dauern, bis die Flüchtlinge aus der Lagerhalle bei Thessaloniki wieder wegkommen.