UEFA entscheidet über Strafe für Russland
Nach den schweren Ausschreitungen in Marseille am ersten Wochenende der Fußball-EM wird heute die UEFA über die Strafandrohung gegen Russland entscheiden. Russische Hooligans waren nach dem Spiel gegen England noch im Stadion in einen Sektor mit englischen Fans vorgedrungen und haben dort eine Schlägerei begonnen. Auch in den Straßen von Marseille waren die russischen Anhänger als besonders gewaltbereit aufgefallen.
26. April 2017, 15:32
Morgenjournal, 14.06.2016
"Auch die Engländer keine Gentlemen"
Fussball in den Hauptnachrichten des großen staatliche Senders Rossija 1: Das russische Team trainiert für das Spiel gegen die Slowakei am Mittwoch und fühlt sich nach dem Unentschieden gegen England am Samstag moralisch gestärkt, erfahren die Zuseher. Von mögliche Ängsten, von der UEFA gestraft oder gar ausgeschlossen zu werden, ist keine Rede. Im Anschluss die Ergebnisse aller Spiele des gestrigen Tages. Doch dann sind die Ausschreitungen von Marseille doch noch Thema. Die Russen seien in den britischen Sektor eingedrungen und hätten sich dort geprügelt. Aber: Auch die Engländer sind keine Gentlemen, sagt der russische Teamarzt.
Halbherziger Aufruf
Die Fans aller Teams beteiligen sich also an den Krawallen. Ähnlich auch der Tenor in Vremja, der Nachrichtensendung des anderen großen staatlichen Kanals: "Die Engländer haben angefangen und Bars verwüstet, dann sind die Franzosen dazugekommen, und schließlich haben sich auch die Russen ausgezeichnet." Doch: "Unsere Fans greifen normalerweise nicht als Erste an, sie verteigen sich, erläutert der Reporter. Davon, dass ein Staatsanwalt in Marseille gerade die Russen als besonders gewaltbereit und besonders gut trainiert eingestuft hat, ist nicht die Rede. Verlesen wird dann zwar auch ein Appell des russischen Fussballverbands an die Fans, sich in Zukunft an die Gesetze zu halten, doch im Vergleich zu den Appellen, die britischen Fussballanhänger zu hören bekommen, wirkt der Aufruf halbherzig.
Gute russische Patrioten
Die Frage, ob man nicht etwas gegen die Gewalttätigkeit russischer Hooligans tun müsste, wird in den russischen Medien jedenfalls nicht thematisiert. Und die Hooligans selbst rühmen sich unterdessen auf den Websites der Fanclubs, es den Engländern so richtig gezeigt zu haben. Manche von ihnen sehen sich als gute russische Patrioten, die nun die Bürger jener Länder verprügeln, die im russischen Fernsehen stets als Feinde Russlands dargestellt werden. Ist die Gewalt der Hooligans also kein Problem? "Es scheint, als gäbe es kein Match der EM, bei dem es nicht zu Ausschreitungen kommt", analysiert eine Reporterin im russischen Fernsehen. Was wohl heißen soll: Alle tun es. Die Russen trifft keine besondere Schuld.