"Auch Arbeiter profitieren von Flexibilisierung"

Die österreichische Industrie hat eine langjährige Forderung durchgesetzt: Gewerkschaft und Industrie haben sich auf ein Modell für flexiblere Arbeitszeiten bei den Metallern geeinigt. Ab 1.Juli wird es gelten, wenn der jeweilige Arbeitgeber und der Betriebsrat einverstanden sind. WIFO-Experte Marcus Scheiblecker sagt, die Wirtschaft aber auch die Arbeiter könnten von diesem Modell profitieren.

Morgenjournal, 16.6.2016

Marcus Scheiblecker im Gespräch mit

Arbeitszeit je nach Auftragslage

Die Einigung der Sozialpartner werde der Wirtschaft helfen, sich anzupassen an die Auftragslage und an die Konjunktur. Sie sei ein „Schritt“ in Richtung mehr Flexibilisierung, sagt Marcus Scheiblecker, der stellvertretende Leiter des Wirtschaftsforschungs-Instituts WIFO im Ö1-Interview.

Scheiblecker meint, es sei der Gewerkschaft gelungen, die Flexibilisierung in Grenzen zu halten, für die Arbeitnehmer auch Vorteile zu lukrieren und sich die Zugeständnisse abkaufen zu lassen. Außerdem nehme der Druck in Richtung Flexibilisierung schließlich international zu.

Scheiblecker räumt ein: Die Wochen-Arbeitszeit-Einteilung werde den Arbeitnehmern wohl nicht gefallen; da müsse man künftig „schon sehr flexibel sein“ in der Maschinen- und Metallwaren-Industrie. Was den Arbeitnehmern vermutlich gefallen werde: „Man hat künftig Zeitkonten, die man nach eigenem Gutdünken über mehrere Jahre auf- und abbauen kann.“ Da könne man sich für Kinderbetreuung zum Beispiel Zeit nehmen. Und die Nutzung des Zeitkontos könne bis zu einer Altersteilzeit gehen. Auch das sei ein Recht, das jetzt eingeräumt wurde.

Das sei sicher eine Forderung, die im Raum steht, sagt Scheiblecker. „Aber in der Sozialpartnerschaft muss immer ein Kompromiss erreicht werden.“ Und eine Forderung sei nichts was dann notwendigerweise auch kommt.

„Sicherlich dort, wo Flexibilisierung notwendig ist“, sagt der Wirtschaftsforscher. Flexibilisierung sei sicher am Bau ein Thema und in anderen Industriebereichen, etwa in der Fahrzeugindustrie und der Holzindustrie. In Branchen, die nicht so konjunkturabhängig sind, mache das weniger Sinn als im Metall-Bereich.

„Ich würde es nicht so als Trumpf sehen, das Ergebnis ist ja ein Kompromiss“, sagt Marcus Scheiblecker. Es habe natürlich ein Nachgeben der Gewerkschaft gegeben aber man sehe, dass es ohne solche Kompromisse massive volkswirtschaftliche Probleme geben kann. Das habe man etwa in Frankreich gesehen hat und in Finnland. Eine sozialpartnerschaftliche Regelung ermögliche da in Österreich schon ein Augenmaß im Hinblick auf die Gesamtwirtschaft.

„Man hat offensichtlich in der Sozialpartnerschaft den Druck gesehen, sich zu rechtfertigen“, so der stellvertretende Chef des WIFO. Es habe zuletzt ja viel Kritik an den Sozialpartnern gegeben und „da musste man zeigen, dass man handlungsfähig ist. Das hätten Gewerkschaft und Industrie getan.