Oberösterreich verschärft Mindestsicherung
In Oberösterreich stimmt der Landtag heute über eine Kürzung bei der Mindestsicherung für Asylberechtigte ab. 520 statt 914 Euro gibt es demnach in Zukunft - und diesen Betrag auch nur unter bestimmten Voraussetzungen. ÖVP und FPÖ sind gemeinsam für dieses Modell, SPÖ und Grüne sind vehement dagegen. Weil es eine geheime Abstimmung geben soll, hoffen beide "Lager" auf Überläufer von der jeweils anderen Seite.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 16.6.2016
365 € Minimum für Asylberechtigte
365 Euro gibt es fix. Dazu kann noch ein Integrationsbonus von 155 Euro kommen. Den verlieren Asylberechtigte aber, wenn sie keinen Deutschkurs besuchen, den Wertekurs verweigern, nicht bereit sind, einen Job anzunehmen oder die Integrationsvereinbarung verletzen - etwa, wenn sie die Kinder nicht in die Schule schicken. Insgesamt ergibt das für Asylberechtigte - inklusive Bonus - also maximal 520 Euro im Monat.
FPÖ: "damit muss man durchkommen"
Der freiheitliche Klubchef Herwig Mahr glaubt:
„Es gibt viele Oberösterreicher und Oberösterreicherinnen, die diese Beträge nicht haben, die aber ein ganzes Monat Tag für Tag arbeiten müssen. Mit dem muss man in Österreich durchkommen. Es ist so.“
Grüne hoffen auf ÖVP-Gegenstimmen
Wenn das bedeutet, dass Asylberechtigte in andere Bundesländer ziehen, in denen es mehr Geld gibt, sei das eben so, so der FPÖ-Klubchef. Abgestimmt wird heute in Linz geheim - die Grünen hoffen, dass dadurch einige ÖVP-Abgeordnete, die das Modell kritisch sehen, doch dagegen stimmen können. Das werde nicht geschehen, sagt ÖVP-Landesgeschäftsführer Wolfgang Hattmannsdorfer, er hoffe eher auf SPÖ-Stimmen für das Modell:
ÖVP: Werben um SPÖ-Abgeordnete
Hattmannsdorfer (ÖVP): „Wir werden bis zum Schluss um jede Stimme der SPÖ-Abgeordneten werben. Es geht hier um die politische Verantwortung und ich hoffe doch, dass der eine oder andere SPÖ-Abgeordnete bereit ist, dieses nachhaltige Modell mitzutragen.“
Diskussion um Einsparungen
Mit der Kürzung spart das Land 70 Millionen Euro, sagen ÖVP und FPÖ. Es sind höchstens 17 Millionen, sagen SPÖ und Grüne - und außerdem sei die Einsparung kurzsichtig, weil Zusatzkosten entstünden, etwa durch den Mehraufwand in der Verwaltung.
Gegen die Änderung gibt es nicht nur politische, sondern auch rechtliche Bedenken. Es widerspricht EU-Recht und auch der Verfassung, warnen Kritiker. Und außerdem gibt es ja den gemeinsamen 15a-Staatsvertrag zwischen Bund und Bundesländern. Der sollte sicherstellen, dass es österreichweit einigermaßen einheitliche Mindeststandards und Regeln gibt.
Doch die Bundesländer driften auseinander, Niederösterreich will eine Obergrenze von 1500 Euro pro Familie, Oberösterreich kürzt bei den Asylberechtigten. Doch grundsätzlich gilt bis Ende des Jahres noch der 15a-Staats-Vertrag. Da setzen die Grünen an, sagt Parteichefin Eva Glawischnig:
Verstoß gegen Bund-Länder-Staatsvertrag?
Glawischnig (Grüne): „Wir werden heute im Nationalrat einen Antrag einbringen, dass die Bundesregierung ein Verfahren beim Verfassungsgerichtshof einleiten soll, um gegen diese Auswüchse vorzugehen, wo gegen den 15a-Vertrag verstoßen wird.“
Verfassungsrechtliche Bedenken
Bedenken gibt es auch, was EU-Recht und Verfassungsrecht betrifft. Das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR warnt vor der geplanten Kürzung, weil sie die Integration gefährden würde. Der Verein SOS Mitmensch hat Unterschriften gegen die Änderung gesammelt, das Ergebnis der Petition will man Landtagspräsident Viktor Sigl vor Beginn der Sitzung überreichen.