Mindestsicherung: Caritas kritisiert "Kurzsichtigkeit"
Das sei die „kurzsichtigste Sozialpolitik“, die ihm in den letzten Jahren untergekommen ist, sagt Caritas-Präsident Michael Landau über Kürzungen der Mindestsicherung für Flüchtlinge, zuletzt in Oberösterreich. Die von der Caritas angestrebte Integration von Asylberechtigten, werde durch die Kürzungen erschwert. Der Schriftsteller Michael Köhlmeier ortet außerdem eine Sprache, die die Mitleidsfähigkeit reduziere.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 17.6.2016
Landau: "So teuer wird selten gespart.“
Burgenland, Salzburg und nun auch Oberösterreich - in diesen drei Bundesländern wurde die Mindestsicherung für Flüchtlinge gekürzt. Eine Maßnahme, die Caritas-Präsident Michael Landau scharf kritisiert: „Das ist die kurzsichtigste Sozialpolitik, die mir in den vergangenen Jahren untergekommen ist. Ganz abgesehen davon, dass diese Kürzungen für anerkannte Flüchtlinge wohl rechtlich nicht zulässig sind. So teuer wie hier wird selten gespart.“
Verlust von Wohnung und Arbeit?
Die Auswirkung beschreibt Landau an einem Beispiel von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in Wiener Neustadt: „Durch die Mindestsicherung konnten diese Menschen zum Teil bereits selbständig wohnen, Kurse besuchen und erste Schritte am Arbeitsmarkt setzen. Wenn die Mindestsicherung wegfällt, droht der Wohnungsverlust und im schlimmsten Fall verlieren Menschen den Anschluss an den Arbeitsmarkt.“
"Nicht einfach, die Heimat zu verlassen"
Flüchtlinge würden nicht weggehen aus ihrer Heimat, weil sie das wollen, sagt die junge Syrerin Rojin Ali auf Deutsch: „Natürlich habe ich mir nie vorgestellt, dass ich je in Österreich leben werde. Das ist nicht einfach, die Heimat zu verlassen. Natürlich habe ich daran gedacht, meinen Sohn in Sicherheit zu bringen.“
Die junge Soziologin ist erst seit einem Jahr in Österreich und hat Glück gehabt. Sie konnte rasch einen Deutschkurs machen, ihr Asylverfahren hat nur vier Monate gedauert. Sie darf deshalb bereits arbeiten und ist Trainerin bei mehreren Caritas-Projekten.
"Motivierend wirken"
Rojin Ali strahlt Zuversicht und Optimismus aus und sagt: „Ich habe mehrere Ziele, jetzt etwas Sinnvolles zu machen – oder motivierend auf andere zu wirken: Wenn man etwas will, hier kann man etwas schaffen.“
Köhlmeier: "Sprache nimmt Menschsein"
Menschen, die zu uns geflüchtet sind, würden in unserer Gesellschaft oft als Störenfriede, als Feinde angesehen, kritisiert der Schriftsteller Michael Köhlmeier. „Sie werden entmenschlicht und das passiere Schritt für Schritt über die Sprache“, „Wenn man etwa von einer Flüchtlingswelle spricht, nehme ich den Menschen das Gesicht. Das ist ein Wort, das uns zunächst nicht verdächtig erscheint, das aber schon einen kleinen Schritt, ohne dass wir es vielleicht merken, uns die Mitleidsfähigkeit und den anderen das Menschsein nimmt.“ Allen Taten gehe die Sprache voran, sagt Köhlmeier, guten aber auch bösen Taten.