Wiener Festwochen: künstlerische Bilanz

Obwohl es heute Abend noch eine "Fidelio"-Aufführung gibt, sind die Wiener Festwochen gestern Abend offiziell zu Ende gegangen. Es waren die letzten Festwochen unter der Intendanz Markus Hinterhäuser, der im kommenden Jahr als Intendant zu den Salzburger Festspielen wechselt.

Morgenjournal, 20.06.2016

Eigenes Profil verpasst

Markus Hinterhäuser kann zufrieden sein. Alles, was in der Ausschreibung vor fünf Jahren von ihm als Intendant der Wiener Festwochen verlangt wurde, hat er erfüllt: Spartenübergreifendes, Interkulturalität, Partizipation, Gast- und Koproduktionen, Einbindung der Wiener Kulturszene - überall darf er sein Hackerl machen. Darüber hinaus hat er den Festwochen ein eigenes Profil verpasst, und ein Publikum herangezogen, das vielleicht noch offener ist, als vor einigen Jahren.

"Das Interesse ist riesig, und die Offenheit ist groß - auch die Bereitschaft sich mit Dingen auseinandersetzen, die an Grenzen gehen", freut sich Hinterhäuser. Das Publikum sei neugierig sich etwas auszusetzen, "was manchmal auch verstörend ist und schmerzhaft ist".

Kleine und große Edelsteine

Sitz- und Liegefleisch verlangte heuer etwa der 24-Stunden-Theatermarathon "Mount Olympus" von Jan Fabre ab, Mitmachbereitschaft die Performance-Installation "Wir Hunde/Us Dogs" von Signa. Als großes Theatererlebnis wurde Simon McBurneys Solo-Raumklang-Show "The Encounter" gefeiert; als böse, politisch und witzig Konstantin Bogomolows Wilde-Adaption "Din idealer Gatte" bejubelt.

Dazwischen kleine funkelnde Edelsteine, wie Franz Xaver Kroetz "Wunschkonzert" von Yana Ross als intimes Ein-Frau-Kammerspiel oder die stummen "drei Schwestern", Markus Hinterhäusers persönlicher Höhepunkt. "Das war eine Produktion, die ich zu den wichtigsten zähle, die ich je gesehen habe. Mir hat der 'Fidelio' von Achim Freyer sehr gefallen. Eine Produktion, die nicht auf ungeteilte Zustimmung gestoßen ist, aber ich finde es eine wichtige Art den Fidelio zu lesen und den Menschen näher zu bringen."

Wechselndes Kuratorinnen-Modell

Dass es generell wenige und heuer mit dem "Fidelio" nur eine Eigenproduktion gegeben hat, sei nicht als Mangel zu sehen, so Hinterhäuser, und sei auf finanziellen Kürzungen und Personalrochaden zurückzuführen. Bei seinen Schauspielchefinnen musste Hinterhäuser in drei Jahren einige Abgänge verschmerzen: wie jenen Shermin Langhoffs vor Beginn und Frie Leysens im ersten Jahr.

Doch das wechselnde Kurator/innen-Modell - heuer war es Marina Davydova, die einen Russlandschwerpunkt einbrachte, habe sich als fruchtbar erwiesen. "Schlussendlich hat es dem ganzen doch eine beträchtliche Vitalität gegeben, dass man aus drei verschiedenen Blickwinkeln aus die Theater, Musik- und Kunstwelt beleuchtet hat."

"Drei erfüllte, schöne und lehrreiche Jahre"

Ein Gefühl des Abschieds und eine leise Wehmut beschleichen Markus Hinterhäuser, wenn er erschöpft aber zufrieden zurückblickt. "Insgesamt waren das für mich drei erfüllte, schöne und lehrreiche Jahre. Viele Produktionen konnte ich aus nächster Nähe begleiten, die künstlerische Sprachen und Grammatiken beinhalteten, die ich in Salzburg so nicht erlebt habe und von denen Salzburg auch irgendwie profitieren wird", so Hinterhäuser. Für ihn geht es übergangslos in Salzburg weiter: Noch diese Woche, werden dort vom Kuratorium Spielplan und Budget für 2017 beschlossen.