Russland hebt Türkei-Sanktionen auf
Sieben Monate lang waren die Türkei und Russland schwer zerstritten, ja verfeindet. Grund war der Abschuss eines russischen Kampfjets an der syrisch-türkischen Grenze durch die türkische Armee Ende November. Doch am Montag hat sich der türkische Präsident Erdogan bei seinem russischen Kollegen Putin entschuldigt, gestern haben die beiden Präsidenten miteinander telefoniert, damit dürfte der Zwist beendet sein mit einem Ergebnis, das die Türkei aufatmen lässt: Russland hebt schmerzhaften Wirtschaftssanktionen gegen die Türkei auf.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 30.6.2016
Aus Moskau,
Das Krisen-Kapitel ist beendet. 40 Minuten, die die Richtung der Politik geändert haben - mit diesen Worten eröffnet die Moderatorin gestern Abend die Hauptnachrichtensendung im staatlichen ersten russischen Kanal. 40 Minuten - so lange hat das gestrige Telefongespräch zwischen den Präsidenten der Türkei und Russlands, Recep Tayip Erdogan und Wladimir Putin gedauert. Und diese Telefongespräch hat sichtlich vollendet, was Erdogan am Montag mit seinem Entschuldigungsbrief an Putin eingeleitet hat: die Aussöhnung der beiden Länder nach 7 Monaten Eiszeit.
Wir haben beschlossen, den Prozess der Normalisierung der Beziehungen zu starten, sagt Putin kurz nach dem Gespräch. Dass die Beziehungen 7 Monate lang vergiftet waren, hatte wohl auch viel mit gekränkter Ehre zu tun.
Putin hatte nach dem Abschuss des russischen Kampfjets durch die türkische Armee Ende November getobt, hatte die türkischen Angaben, der Jet habe den türkischen Luftraum trotz mehrmaliger Warnung verletzt, erbost zurückgewiesen, von einem "Stich in den Rücken" gesprochen und von Erdogan eine offizielle Entschuldigung gefordert. Erdogan wiederum wollte Russland nicht verzeihen, dass es trotz wiederholter türkischer Bitten seine Luftangriffe in Syrien auf die von der Türkei unterstützte Volksgruppe der Turkmenen nicht einstellen wollte. Jetzt hat er sich aber doch wie von Putin gefordert entschuldigt, zwar nicht bei Putin selbst, aber bei der Familie des bei dem Abschuss getöteten russischen Piloten. Der russische Außenminister Sergej Lawrow drückte daraufhin seine Hoffnung auch auf eine außenpolitische Annäherung der beiden Länder aus: Ich glaube, wir werden mit unseren türkischen Partnern die Zusammenarbeit bei der Suche nach einer Lösung für die Krise in Syrien wiederbeleben.
Einfach dürfte das aber nicht werden: Im syrischen Bürgerkrieg stehen Russland und die Türkei nämlich nach wie vor auf unterschiedlichen Seiten: Moskau unterstützt den syrischen Präsidenten Assad, Ankara die Rebellen, die gegen Assad kämpfen. Größer sind hingegen die Chancen auf eine Wiederbelebung der Wirtschaftsbeziehungen. Russland hatte ja als Reaktion auf den Abschuss des Kampfjets scharfe Sanktionen gegen die Türkei verhängt, die sowohl die Türkei als auch Russland selbst wirtschaftlich schwer getroffen haben - nämlich ein Einfuhrverbot für türkisches Obst und Gemüse und andere Lebensmittel, Beschränkungen für die Tätigkeit türkischer Baufirmen in Russland, vor allem aber ein Verbot von Charterflügen und Pauschalreisen in die Türkei - und das hat zu einem Rückgang der russischen Buchungen in der Türkei um mehr als 90 Prozent geführt.
Nun sollen alle Sanktionen fallen: Ich muss das jetzt vor dem Hintergrund des Wiederauflebens des Terrorismus sagen, trotzdem: wir werden alle Tourismus-Beschränkungen aufheben, so Putin. Schon in wenigen Tagen werden die Russen also wieder in jenes Land reisen dürfen, das vor der Verhängung der Sanktionen ihr liebstes Urlaubsziel war. Angesichts des jüngsten Terroranschlags in Istanbul sind sich zur Zeit aber sogar Stammgäste unter den Türkei-Urlaubern nicht mehr sicher, ob sie diesen Sommer nun tatsächlich buchen sollen.