"Tram 83" - Mujilas prämiertes Romandebüt

Der kongolesische Autor Fiston Mwanza Mujila war heuer für den renommierten Man Booker International Preis nominiert - mit seinem international erfolgreichen Debütroman "Tram 83". Dieser erscheint in den kommenden Tagen in deutscher Sprache. Seit 2009 lebt Mujila in Graz, bekannt geworden ist er zunächst als Lyriker. In seinen Texten, die er auf Französisch schreibt, zieht es ihn thematisch immer wieder in seiner Heimat.

Morgenjournal, 26.7.2016

Metapher für die Globalisierung

Sie kommen aus den USA und aus Frankreich, aus Kanada, Pakistan und Japan, aus Mexiko Chile und Russland. Bei Tag sind sie in den Minen auf der Suche nach Diamanten, nach dem großen Reichtum und dem billigen Glück, am Abend treffen sie sich zum Trinken und Tanzen in der Bar Tram 83, einem heruntergekommenen Lokal in Stadtland, einer fiktiven Großstadt irgendwo in Afrika. "Tram 83" - das ist für Fiston Mwanza Mujila eine Metapher für die Globalisierung.

Stadtschreiber-Stipendium in Graz

Als Schriftsteller ist Fiston Mwanza Mujila mittlerweile in drei Kulturen zu Hause: in der afrikanischen, der französischen und der deutschsprachigen. 1981 in Lubumbashi, der zweitgrößten Stadt des Kongo geboren, war Mujila 27, als er nach einem abgeschlossenen Literaturstudium seine Heimat verlassen hat. nach längeren Aufenthalten in Belgien, Deutschland und Frankreich bekam er ein Stadtschreiber-Stipendium in Graz und hier hat er sich zunächst als Lyriker einen Namen gemacht.

Jazz und mündliche Literatur

Er arbeite da wie ein Jazzmusiker, erklärt Fiston Mwanza Mujila, auch seinen Roman habe er wie eine Partitur komponiert. Und so tönt er denn auch: einmal rasant und atemlos, dann wieder schnoddrig-aggressiv und rau, mit Rhythmuswechseln zwischen knappen Dialogen, seitenlangen Aufzählungen und Wiederholungen. "Es ist eine Mischung aus Jazz und mündlicher Literatur. Der Text ist für mich fertig, wenn man ihn laut lesen kann; dann lebt der Text weiter, in vielen Farben."

"Dekolonisierung" der gängigen Afrikabilder

"Jazz ist ein Zeichen von Erhabenheit, die Musik der Schöpfer dieser schönen, kaputten Welt", schreibt Fiston Mwanza Mujila in "Tram 83" und jazzig ist auch der allgegenwärtige Soundtrack, nach dem sich das Personal dieses Romans bewegt: Hinterhofphilosophen und Gauner, Dichter und Prostituierte, ehemalige Kindersoldaten und Prediger, Waffenhändler und Archäologen - Außenseiter allesamt. Der Autor lässt sie antreten, um - wie er sagt - die gängigen Afrikabilder zu dekolonisieren.

Wenn uns Fiston Mwanza Mujila in den bizarren Mikrokosmos seines Romans eintauchen lässt, dann ist das ein Schritt in diese Richtung: Wir hören den Lärm der brodelnden Stadt, sehen die Farben, spüren die Hitze und den unbändigen Rhythmus. – Mit Auszeichnungen in Frankreich, Österreich, Deutschland und England ist "Tram 83" in Europa angekommen.

Service

Fiston Mwanza Mujila, "Tram 83", Roman, aus dem Französischen von Katharina Meyer, Lena Müller, Zsolnay. Originaltitel: "Tram 83", Éditions Métailié, 2014