Salzburg: Anna Netrebko in "Manon Lescaut"

Heute Abend ist im Großen Festspielhaus Anna Netrebko zu erleben. Nicht in einer der großen Opernproduktionen in Salzburg, sondern in einer konzertanten Aufführung von Giacomo Puccinis "Manon Lescaut" gemeinsam mit ihrem Ehemann Yusif Eyvazov. Es ist die erste von drei Aufführungen. Und wo Netrebko draufsteht, da zieht es das Publikum hin.

Morgenjournal, 1.8.2016

Ein sorgsam gepflegter Kult

In einem langen schwarzen, mit Edelsteinen gesäumten Kleid betritt Anna Netrebko die Bühne. 35.000 Swarovski-Kristalle sind es, die da hervorglitzern: Es sei das aufwändigste Kleid dieses Festspielsommers, lassen die Salzburger Festspiele wissen. Schon an diesem Beispiel zeigt sich, wie der Kult um die Opernsängerin sorgsam gepflegt wird. Der Opernbetrieb braucht auch heute noch seine großen Diven - das weiß man auch in Salzburg, wo sich einige Meilensteine in Netrebkos Karriere zugetragen haben. Und so ist schon die öffentliche Probe zu einer konzertanten Aufführung ein Publikumsmagnet.

"Das Schwierigste sind die Emotionen"

Puccinis "Manon Lescaut" um eine junge Frau, die zwischen wahrer Liebe und Luxus hin- und hergerissen ist und dieses Schicksal mit dem Leben bezahlt, sei ihre Lieblings-Puccini-Oper, sagt Anna Netrebko in einem Publikumsgespräch: "Es ist einfach die schönste und dramatischste Oper. Die Partie ist unglaublich schwierig zu singen. Du brauchst einen großen Stimmumfang und eine laute Stimme. Das Schwierigste sind aber diese großen Emotionen in ‚Manon Lescaut‘. Die bringen dich fast um. Nach jeder Vorstellung sind wir komplett tot."

Gemeinsam auf der Bühne

Vor zweieinhalb Jahren hat Netrebko als Manon Lescaut in der römischen Oper debütiert. An ihrer Seite als Renato Des Grieux war damals der aus dem Aserbaidschan stammende Tenor Yusif Eyvazov zu erleben. Aus dem Arbeitsverhältnis wurde Liebe, heute sind die beiden ein Ehepaar. In derselben Konstellation treten sie nun in der konzertanten Fassung der Salzburger Festspiele auf - und geben gut gelaunt darüber Auskunft, wie es ist, gemeinsam auf der Bühne zu stehen.

"Ich bin seinetwegen fast nervöser als vor meinem eigenen Auftritt. Denn ein Tenor ist ja immer wie ein großes Baby. Yusif hat ein dünnes Nervenkostüm, und ich verstehe auch warum: Das Repertoire eines Tenors, vor allem eines dramatischen Tenors, ist ein wahrer Killer. Es gehört zum Allerschwierigsten überhaupt. Er darf in den oberen Lagen niemals Schwäche zeigen. Es ist also ganz normal, nervös zu sein. Aber ich bin jetzt schon ruhiger, denn Yusif hat in den letzten zweieinhalb Jahren beachtliche Fortschritte gemacht. Er singt so gut und sicher."

Netrebkos neues Album

Aber auch mit ihrer eigenen Entwicklung zeigt sich Netrebko zufrieden. Ihre Stimme sei dunkler und dramatischer geworden, so die Sängerin. Und so bringt sie Anfang September unter dem Titel "Verismo" ein neues Album heraus, auf dem sie in passenden Partien diese neuen Farben ihrer Stimme erklingen lässt - unter anderem singt sie da mehrere Arien aus "Manon Lescaut".

In Salzburg ist Anna Netrebko noch am Donnerstag und Sonntag als Manon Lescaut zu erleben - zusammen mit dem Wiener Staatsopernchor und dem Münchner Rundfunkorchester unter Marco Armiliato.