Autorin Katja Lange-Müller im Gespräch
Neun Jahre war es still um die Berliner Autorin Katja Lange-Müller. Morgen erscheint ihr neuer Roman "Drehtür" über eine Helferin, der niemand hilft. Über ihr poetisches Credo, die Entwicklung in der Türkei und ihre angebliche Aussage, Schreiben sei wie zivilisiertes Kotzen, hat die Autorin mit Ö1 gesprochen.
8. April 2017, 21:58

Katja Lange-Müller
JÜRGEN BAUER
Kulturjournal, 10.8.2016
Katja Lange-Müllers letzter Roman - "Böse Schafe", eine Milieustudie von der Insel der Unseligen, auch Westberlin genannt - ist 2007 erschienen und war prompt für den Buchpreis nominiert. Im neuen Roman nimmt die Autorin die unfreiwillige Heimkehr der Krankenschwester Asta nach über 20 Jahren internationalem Hilfseinsatz zum Anlass, über Astas Leben zu reflektieren.
Service
Katja Lange-Müller, "Drehtür", Roman, Kiepenheuer & Witsch
Auszüge aus dem Gespräch
"Die Entwicklungen in der Türkei haben mich nicht überrascht (...) Wirklich überrascht hat mich der Putsch. Aber, dass die Entwicklung in Richtung Demokratur oder Diktatie geht - das können Sie sich aussuchen -, das war mir schon klar (…) So etwas kannte ich schon aus der DDR."
"Erdogan hat die Leute ziemlich in der Hand, und die Erdogan-Anhänger sind die beängstigend-große Mehrheit. Das ist die Frage nach Pest und Cholera - Gülen ist schlimmer. Der will ja auch noch die Scharia. Gülen ist nicht so harmlos, wie es hier manchen bescheinen mag. Gülen oder Erdogan? - dann lieber Erdogan, das ist meine feste Überzeugung."
"Mein poetisches Credo hab ich den Brühwürfel genannt - also kompakte Extrakte. Alles, was mehr als 500 Seiten hat, macht mir Angst. Außerdem finde ich, dass sich jeder Schriftsteller - auch mit Rücksicht auf seine Leser - beim Schreiben so sehr konzentrieren sollte, wie es ihm möglich ist. Länge verdankt sich oft einem Mangel an Konzentration. In der Literatur wirken nicht viele Naturgesetze, aber eins schon. Und das lautet: Je weniger Wörter ein Text hat, desto wichtiger ist jedes einzelne."