Mauerbau gegen Flüchtlinge in Calais
Die großen Flüchtlingsrouten durch Europa sind im Moment versperrt - trotzdem finden viele einen Weg in die EU, und für viele endet die Flucht an den immer gleichen Punkten. Im Norden Frankreichs in Calais sammeln sich seit Jahren Migranten, die nach Großbritannien wollen.
8. April 2017, 21:58

APA/AFP/PHILIPPE HUGUEN
Monat für Monate sterben Flüchtlinge beim Versuch, auf Züge oder Lastwagen zu springen. Nun versuchen es Franzosen und Briten mit einer 4 Meter hohen Mauer. Sie soll die Flüchtlinge daran hindern sich dem Hafen von Calais und dem Ämrelkanal-Tunnel zu nähern.
Morgenjournal, 11.8.2016
Die Arbeiten haben bereits begonnen, Spezialfahrzeuge reinigen die Grundstücke, damit die Bagger das Fundament für diese vier Meter hohe, begrünte Mauer ausheben können.
Entlang der Hafenautobahn soll dieses Bauwerk die Flüchtlinge daran hindern, Lastwagen zu kapern. Immer wieder haben Migranten mit Baumstümpfen oder mit brennenden Matratzen auf der Autobahn versucht, Lastwagen auf dem Weg nach England zu stoppen.
Wenn es gelingt, verstecken sie sich an Bord. Es wird zwar kontrolliert, doch bei über zwei Millionen Lastwagen jährlich gibt es eine reelle Chance durchzukommen.
Der Baubeginn der Mauer hat sich im Flüchtlingslager, dem sogenannten Dschungel von Calais, wie ein Lauffeuer herumgesprochen. „Ich werde jetzt doch meinen Antrag in Frankreich stellen“, sagt ein Mann aus Afghanistan. „Über die Mauer bei Nacht ist zu gefährlich.“
Andere wiederum wollen auf alle Fälle weiter: „Ich muss nach England, meine Familie ist dort.“ Erfan stammt aus dem Sudan. „Wenn es hier nicht klappt, werde ich es mit einem Schiff probieren.“
Auch die Hilfsorganisationen verurteilen den Bau dieser Mauer. Jean Claude Lenoir ist der Vorsitzende von Salam, einer Organisation, die unbürokratisch und schnell den Flüchtlingen hilft.
„Die Engländer haben schon sechs Meter hohe Zäune gebaut, und diese begrünte Mauer wird die Flüchtlinge auch nicht daran hindern, sich den Lastwagen zu nähern. Die wollen sich nur ein gutes Gewissen geben. Das einzige, was sie damit erreichen, ist, dass die Flüchtlinge mehr Risiko eingehen werden, dadurch wird es sicher mehr Todesopfer geben.“
Die Mauer wird an die drei Millionen Euro kosten, das Projekt wird zur Gänze von Großbritannien finanziert. Ein Projekt, das von den französischen Behörden unterstützt wird.
„Es hilft uns, den Hafen und den Tunnel Tag und Nacht zu schützen“, sagt der Vize-Prefekt der Region. Erst vorige Woche haben 50 Migranten drei Lastwagen gekapert. Der Hafen musste stundenlang gesperrt werden.
Der Leiter des Hafens von Calais will, dass das Lager überhaupt geschlossen wird. Er hat Verständnis für diejenigen, die Probleme in ihrem Heimatland haben.
„Ich kann verstehen, dass sie in Frankreich sind, dass sie nach England wollen, aber ich kann nicht verstehen, dass sie unser Arbeitswerkzeug, den Hafen ruinieren.“
In vier Wochen soll die Mauer stehen. Doch wird sie die Flüchtlinge nicht davon abhalten, weiterhin zu versuchen, den Ärmelkanal zu überqueren.