"Foreverland" von The Divine Comedy
Sechs Jahre sind vergangen seit Neil Hannon, der Mann hinter The Divine Comedy, zuletzt eine neue Platte veröffentlicht hat. Am Freitag erscheint mit "Foreverland" das neue Werk der Band. Und wie immer kümmert sich Hannon keinen Deut um angesagte musikalische Trends. Er gibt lieber den distinguierten Gentleman, der dem Pop die große Geste bewahren will und lässt sich aufs Neue in schwelgerisch schöne Songs fallen.
8. April 2017, 21:58
Kulturjournal, 1.9.2016
Ein Popstar, der Noel Coward, die Pet Shop Boys, die Beach Boys und Johnny Cash aber auch Klavier-Etüden, Music-Hall und russische Symphonien als Einflüsse nennt, klingt nach Paradiesvogel. Neil Hannon alias Divine Comedy ist genau das: Ein eklektischer, Schöngeist, der seit gut 25 Jahren gepflegte Stilsicherheit in die Popmusik bringt. Morgen erscheint "Foreverland", das mittlerweile elfte Album, das erste seit sechs Jahren. Elf Stücke, die abseits von aktuellen Trends, nach Zeitlosigkeit streben.
Aus der Zeit gefallen
Neil Hannons Musik klang schon immer verträumt, getragen, ohne Eile, nobel im Vortrag. Es gibt nicht mehr viele Gentlemen im Pop. Neil Hannon ist einer von ihnen. Der Dandy war immer schon eine gern gesehen Figur im Pop. Brian Ferry von Roxy Music perfektionierte die Rolle wie vor ihm auch schon David Bowie und andere. Mitte der 1990er Jahre hat sich dann ein blasser in London lebender Nordire des Jobs angenommen. Zu einer Zeit als gerade alle breitbeinig dem Britpop fröhnten. Neil Hannon hieß der junge Mann. Mitten im Kokain-befeuerten Britpop-Trubel wirkte Hannon aus der Zeit gefallen. Gleichzeitig habe seine Ausgelassenheit perfekt zum Optimismus dieser Zeit gepasst, analysiert der Sänger.
Hannon ist hauptberuflich Romantiker und als solcher zwar froh, im Heute zu leben, er denkt aber auch gerne zurück an die 1990er und fragt sich, wie das Leben wohl ohne die moderne Technologie wäre. Hannon würde sie wohl nicht vermissen. Am eindringlichsten gelingen dem Musiker seine großen Popgesten, wenn er seine Kompositionen fast alleine einspielt. Stücke wie "Daddy’s Car", "Tonight We Fly" oder "Bernice Bobs Her Hair" aus der Britpop-Ära etablierten ihn als stilsicheren Nachfolger von Sängern wie Scott Walker.
Ein barockes Werk
Seit damals hat Hannon hat mit Künstlern wie Yann Tiersen, Tom Jones, Charlotte Gainsbourg oder Jane Birkin zusammengearbeitet. Nach sechs Jahren relativer Stille nun also Album Nummer elf. "Foreverland" präsentiert sich gewohnt prächtig orchestriert und ausladend arrangiert. Ein barockes Werk. Fanfaren, Geigen, Chorgesang. Dazu eine ordentlich drückende Rhythmusabteilung.
Hannon besingt Katharina die Große genauso wie etwa die französische Fremdenlegion. Es gibt Duette im Broadway-Stil und sentimentale Balladen. Der Titel "Foreverland" ist für ihn eine Chiffre für eine Wunschvorstellung des Lebens, die wir alle haben: das kann ein Seelenzustand sein oder auch eine gelungene Beziehung. Sich selbst sieht Hannon als Entdecker dieses Foreverlands.
Naschen im Pop-Wundergarten
Selbst wenn er keine Platten veröffentlichte, Hannon fröhnte auch in den vergangenen sechs Jahren nicht dem Müßiggang. Er komponierte die Musicaladaption von "Swallows and Amazons", eines Klassikers der britischen Jugendliteratur. Und welcher andere Popsänger wird schon damit beauftragt, ein Auftragswerk zur Feier der neuen Orgel in der Londoner Royal Festival Hall zu schreiben? Vor drei Jahren dann packte ihn wieder die Lust, für Divine Comedy Musik zu schreiben.
Neil Hannon bleibt sich weiterhin treu. "Foreverland" klingt erneut so als würde Hannon mit Schirm, Charme und Melone seinen ganz persönlichen Pop-Wundergarten abschreiten und hier und da von den verlockendsten Früchten naschen. Dieser Ansatz hat in den vergangenen 25 Jahren etwas Patina angesetzt - bleibt aber immer noch unterhaltsam und anregend.