Oliver Stones "Snowden"-Porträt im Kino

Gut drei Jahre ist es her, da hat der englische "Guardian" streng geheime Informationen über die Überwachungspraktiken von NSA und CIA veröffentlicht - Informationen vom ehemaligen NSA-Mitarbeiter Edward Snowden. US-Regisseur Oliver Stone hat schon mit Filmen wie "JFK" oder "Nixon" brisante politische Themen aufgegriffen. Jetzt bringt er "Snowden" in die Kinos.

Morgenjournal, 21.9.2016

Ein genialer Nerd

Eine Shopping-Mall in Hongkong: In der Menschenmenge fällt ein blasser junger Mann nicht weiter auf. Er nimmt Kontakt mit zwei Männern auf und führt sie auf sein Zimmer in einem nahe gelegenen Hotel, wo die Dokumentarfilmerin Laura Poitras bereits mit ihrer Kamera wartet.

Angenehm zurückhaltend inszeniert Oliver Stone seinen Edward Snowden. Nicht als tragischen Helden, sondern als genialen Nerd, der mit demselben Perfektionismus, mit dem er früher seine Geheimdiensttätigkeit betrieben hat, jetzt an der Aufdeckung der illegalen Machenschaften des US-Geheimdienstes arbeitet. Oliver Stone: "Snowden plante alles ganz genau. Er schaute unter jeden Stein, weil er wollte, dass alles herauskam. Der schwierigste Punkt für ihn war, Vertrauenspersonen zu finden. Seine Wahl fiel schließlich recht zufällig auf drei Journalisten, deren Arbeit er kannte und von denen er annahm, dass ihnen dieses Überwachungsthema wichtig war."

Keine Tiefenschürfung

In Rückblenden erzählt Oliver Stone, wie aus dem loyalen Staatsdiener Edward J. Snowden der Welt bekanntester Whistleblower wurde. Tiefenschürfung betreibt Stone dabei nicht. Die hat ohnehin schon die Filmemacheran Laura Poitras mit ihrer Oscar-prämierten Dokumentation "Citizenfour" geleistet. Stone bringt aber einen ziemlich genauen Ablauf der damaligen Ereignisse ohne sich in Details zu verlieren und dramatisiert ohne in überdrehte Verschwörungstheorien zu verfallen.

Angst der Sponsoren

Zur künstlerischen kam dieses Mal aber noch eine Herausforderung der ganz anderen Art dazu: "Wir hatten Angst vor der NSA und davor, dass die Sponsoren einen Rückzieher machen würden", sagt Oliver Stone. "BMW hatte unserem deutschen Koproduzenten immer Autos zur Verfügung gestellt, dieses Mal gab es aber keine Unterstützung, weil die amerikanische BMW-Schwester nichts mit der Causa Snowden zu tun haben wollte. Und bei den Studios war es genauso. Wo immer wir anklopften, hieß es zuerst ‚großartig, wir lieben die Geschichte und wollen sie machen, müssen die Sache aber noch durchrechnen.‘ Und dann ging die Anfrage hinauf zur Unternehmensführung und auf einmal herrschte Stille. Und so ging es uns überall."

Mehr als das Schicksal eines Mannes

Oliver Stone rollt in "Snowden" nicht nur die Vergangenheit auf. Wenn im Nachspann des Films plötzlich der echte Edward Snowden in seinem Moskauer Exil vor die Kamera tritt, dann macht Stone damit unmissverständlich klar, dass diese Causa noch lange nicht abgeschlossen ist und dass von ihrem Ausgang bei weitem nicht nur das Schicksal eines jungen Mannes abhängt.

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Spiegel - Oliver Stone über den Fall Snowden