"Die Verdammten" in der Josefstadt

Die Geschichte der Industriellenfamilie Krupp, ihre Verbindung zum Nationalsozialismus und ihren Untergang hat der Filmemacher Luchino Visconti 1969 als Vorlage für sein umstrittenes Kinoepos "Die Verdammten" genommen. Darin spielte der österreichische Schauspieler Helmut Berger seine erste große Rolle.

Visconti erzählt - opulent und abgründig - den Machtkampf einer drei Generationen umfassenden Dynastie. Das Theater in der Josefstadt bringt diesen Stoff, vom Ausmaß einer Shakespearschen Königstragödie jetzt auf die Bühne - unter anderem mit Andrea Jonasson, Heribert Sasse und Alexander Absenger. Regie führt Elmar Goerden.

Familie in Abendrobe

Erich Reismann

Morgenjournal, 10.11.2016

Waffengeschäfte sichern Macht

Der Aufstieg der Familie Essenbeck ist eng mit jenem der Nationalsozialisten verknüpft. Die einhergehenden Waffengeschäfte sichern der reichen Industriellenfamilie Macht und Einfluss. Vorbild für die Verdammten war die Stahldynastie Krupp, sagt Regisseur Elmar Goerden.

"Das ist keine Erfindung von Visconti, das ist bei den Krupps tatsächlich passiert. Die waren lange Zeit immer Kollaborateure und haben ihre Produktionsweisen ausgerichtet an den Erfordernissen der jeweiligen Regierung. Die haben schon dem Kaiser seine Flotte gebaut, haben dann auf zivile Produktion umgestellt. Dann dreht sich das politisch im Land und plötzlich geraten Kräfte an die Macht - und die schwadronieren wieder von Aufrüstung und davon, dass Deutschland wehrhaft sein muss. Innerbetrieblich gab es da Streitereien, ein Teil sagte, wir dürfen uns nicht wieder auf die Seite einer kriegsführenden Partei schlagen, und die anderen sagten, warum nicht, das bringt einfach unglaubliche Gewinne."

Anstand außen, Fäulnis innen

Erzählt wird verdichtet auf einige Tage im Jahr 1933 von den unterschiedlichen politischen und weltanschaulichen Differenzen der drei Generationen der Familie. Da ist der alte Boss, den die nächste Generation aus dem Weg räumt, die machthungrige Witwe seines im Krieg gefallenen Lieblingssohnes, sein exzentrischer homosexueller Enkel, sein Nazi-Sohn und der Schwiegersohn, der Frau und Kinder im KZ verliert. Und da ist noch ein Cousin, der als strammer SS-Mann alle Figuren, die nicht passen eliminiert.

Filmfiguren als grobe Vorlage

Während sich die Familie nach außen hin auf Werte wie Treue, Anstand und Respekt beruft, ist der innere Kern der Familie längst verfault. Inzest, Mord, Verrat und Korruption inklusive. Mit der Opulenz und Bildgewalt des Visconti Filmes will und kann Regisseur Goerden nicht konkurrieren, er hat ästhetisch reduziert, andere Akzente gesetzt, einen eigenen Text verfasst und die Filmfiguren nur als grobe Vorlage genutzt.

Sollte jemand an der Aktualität des Stoffes zweifeln, wird er angesichts der Realität eines besseren belehrt. Zu sehen sind "Die Verdammten" ab heute im Theater in der Josefstadt.

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Josefstadt - Die Verdammten