"Geächtet" am Wiener Burgtheater

Rassismus und Islamophobie, die auch vor dem Bildungsniveau nicht Halt machen, sowie Fragen der Identität und Integration behandelt das Stück "Geächtet" des amerikanisch-pakistanischen Autors Ayad Akhtar. Das mit dem Pulitzer Preis ausgezeichnete Drama ist ab Samstag am Wiener Burgtheater zu sehen.

Seit seiner Uraufführung vor vier Jahren in Chicago war das Werk des 46-Jährigen neben dem Broadway in der letzten Spielzeit vor allem an deutschsprachigen Bühnen präsent. Nun kommt das hochaktuelle Kammerspiel erstmals auch nach Österreich.

Zwei Frauen und zwei Männer auf einem hellen Sofa

Katharina Lorenz (Emily), Fabian Krüger (Amir), Nicholas Ofczarek (Isaac) und Isabelle Redfern (Jory)

Georg Soulek

Eskalation beim Abendessen

Der erfolgreiche Amir Kapoor ist die Verkörperung einer gelungenen Integration. Er lebt in Manhattan, ist gebildet, vermögend und verheiratet mit einer amerikanischen Künstlerin. Religion bedeutet ihm nichts und seiner pakistanischen Herkunft erinnert er sich nur am Flughafen, wenn er sich im vorauseilenden Gehorsam beim Sicherheitscheck meldet.

Bei einem Abendessen mit Freunden - einem jüdischen Kurator und einer farbigen Anwältin - wird auf gehobenem Niveau über Kunst und Politik gesprochen, über Burkaverbot und Taliban, Israel oder 9/11. Immer mehr erhitzt das harmlose Geplänkel und explodiert schließlich in einem Gemisch aus Anschuldigungen, Klischees und Vorurteilen.

Das meistgespielte Stück der Saison

Ein bisschen erinnert "Geächtet" an Jasmina Rezas Konversationskomödien, auch was seinen Erfolg betrifft: In den USA war es das meistgespielte Stück der vergangenen Saison und auch in Hamburg, München und Zürich steht es zurzeit auf dem Spielplan. Als Ayad Akhtar das Stück vor sechs Jahren geschrieben hat, waren weder IS noch Flüchtlingskrise oder Donald Trump ein Thema.

"Amerika wird durch diese Wahl nicht weniger islamophob, als es nach dem 11. September nicht eh schon war", sagt Regisseurin Tina Lanik. "Man hört jetzt von vielen Muslimen, die Angst haben und Opfer von Angriffen werden. Die Grundthematik hat sich nicht geändert, sondern leider noch mehr zugespitzt."

"Neuen Blick auf sich selbst vermitteln"

"Wir alle steuern einer gefährlichen Zukunft entgegen", sagt Ayad Akhtar, der in dem Stück die Frage, ob man seiner Identität entkommen kann, aufwirft. Seine eigenen Erfahrungen als Amerikaner mit pakistanischem Hintergrund fließen in alle seine Stücke ein.

"In den USA hat sich in den letzten 15 Jahren das Leben für Menschen mit muslimischem Hintergrund sehr verändert. Viele Jahre lang war es Europa, wo man diesen tiefverwurzelten Hass gegen Moslems spüren konnte - aber nicht in den USA. Doch das ändert sich jetzt. Man kann sagen, dass es quer durch die westliche Welt immer komplizierter wird, Moslem zu sein - in politischer und sozialer Hinsicht -, genau das reflektiert mein Stück. Trotzdem ist es nicht so sehr der neue Blick auf die muslimische Welt, die ich dem Publikum vermitteln möchte, sondern der andere Blick auf sich selbst und die eigenen Einstellung", so Ayad Akhtar.

Ein Thema für viel Raum

In der Hauptrolle als Amir ist Fabian Krüger zu sehen, Nicolas Ofczarek zeigt als intellektueller jüdischer Kurator, einmal mehr seine Wandlungsfähigkeit, Katharina Lorenz, Isabelle Redfern und Christoph Radakovits ergänzen das kleine Ensemble.

Dass dieses Kammerspiel nicht am Akademietheater gezeigt wird, wo es vermutlich konzentrierter wirken könnte, ist vielleicht als Außensignal zu werten. Dass eben Themen wie dieses - das ganz große Haus erfordern.

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Burgtheater - Geächtet