Nathan Hills Erfolgsroman "Geister"
Nach Erscheinen seines Romans "Geister" wurde US-Autor Nathan Hill euphorisch mit John Irving und Charles Dickens verglichen. Der Entstehungsprozess des Buches war allerdings langwierig und tragisch.
8. April 2017, 21:58

PIPER
Morgenjournal, 3.1.2017
"Ein geisterhaft schönes Buch"
Es hört sich an wie ein Traum: Ein junger Schriftsteller veröffentlicht seinen Debütroman, wird mit keinem geringeren verglichen als John Irving und dann kommt John Irving und setzt noch eins drauf und vergleicht ihn mit Charles Dickens. Passiert ist das dem jungen Nathan Hill mit seinem mehr als 800 Seiten starken Debüt "Geister".
Dass das Buch den Aufstieg eines ultrakonservativen Präsidentschaftskandidaten nachzeichnet, macht es darüber hinaus hochaktuell. Dabei ist dem Erscheinen dieses Romans ein nicht nur langwieriger, sondern auch tragischer Entstehungsprozess vorausgegangen.
Alles weg
Es war der Sommer 2004, als der 26-jährige Nathan Hill mit großen schriftstellerischen Ambitionen nach New York zog. Den Computer hatte er voller fertiger Kurzgeschichten - es ging nur mehr darum, die richtigen Leute dafür zu begeistern. Doch dann traf ihn ein Schicksalsschlag, der all seine Pläne zunichtemachte.
Republikaner als Ideengeber
Statt zu versuchen, seine verlorenen Geschichten zu rekonstruieren, machte sich Nathan Hill auf die Suche nach einem neuen Thema und wurde bald fündig: "Eines der Großereignisse in New York, damals 2004, war die Republican National Convention im Madison Square Garden. Die Republikaner schickten damals das Gespann Bush-Cheney für eine zweite Amtsperiode ins Rennen, im besetzten Irak herrschten schreckliche Zustände, und deshalb kamen zahlreiche Demonstranten nach New York. Ich ging hin, sah mir die Tumulte an und begann darüber zu schreiben, und das wurden dann die ersten Sätze von 'The Nix'."
Eine Ahnung von Trump
In "The Nix", auf Deutsch lautet der Titel des Romans "Geister", tritt ein rechtskonservativer Präsidentschaftskandidat auf, der Immigranten mit Kojoten vergleicht, Abtreibungen verbieten lassen und durchsetzen will, dass zu Beginn jedes Schultags die Zehn Gebote aufgesagt werden. US-amerikanische Zeitungen titelten deshalb auch, Nathan Hills "Geister" sei der satirische Wahlkampfroman, den Trumps Amerika verdient hätte.
Fliegende Steine
Die Hauptfigur im Roman ist Samuel Anderson, ein Juniorprofessor für Literatur, und vor zehn Jahren ein erfolgversprechender Jungautor, der aber seinen ersten Roman schuldig geblieben ist. Und ausgerechnet dessen Mutter, die verschwunden ist, als er elf war, begeht ein lächerliches Attentat auf den Präsidentschaftskandidaten.
Nathan Hill: "Sie wirft Steine auf ihn gerade in einer sehr aufgeheizten Phase des Wahlkampfes und die Medien spielen die Geschichte dieses seltsamen Attentats deshalb auch ganz groß. Meine Hauptfigur nimmt das aber zum Anlass, sich eingehender mit dem Leben seiner Mutter zu beschäftigen."
Kühle Geister, heiße Schlachten
Zehn Jahre lang hat Nathan Hill an seinem Roman "Geister" geschrieben und zahlreich sind die Themen, die er darin aufgreift. Neben Politik und Collegeleben geht es da auch um Computerspiele und die norwegische Mythologie. Hill hat seine Figuren und Handlungssträngte jedoch fest im Griff.
Darüber hinaus schafft er es, jeder Figur einen eigenen Tonfall zu verleihen, und fast unheimlich ist es, wie er Stimmungen kippen lassen kann. Zwischen Lachen und Betroffenheit liegt dann oft weniger als ein Absatz, was "Geister" nicht nur zu einem überaus abwechslungsreichen, sondern auch geisterhaft schönen Buch macht.
Service
Nathan Hill, "Geister", Roman, aus dem Amerikanischen von Katrin Behringer und Werner Löcher-Lawrence, Piper
Originaltitel: "The Nix"
Nathan Hill