Bibelessay zu Matthäus 3, 13 - 17
Der Jordan: Oft bin ich selbst schon an und in diesem Fluss gestanden. Auch Jordanien – das Land, das seinen Namen trägt – habe ich immer wieder bereist, meist mit Studiengruppen, vor allem Religionspädagoginnen.
8. April 2017, 21:58
Auf den Spuren der Bibel waren wir unterwegs, mit dem Ziel, „Heiliges Land beiderseits des Jordan“ zu entdecken. So der Titel eines informativen Reisehandbuchs, verfasst von Peter Trummer und Josef Pichler, zwei Grazer Neutestamentlern.
Der Jordan: Seine drei Quellflüsse entspringen am Hermon. Dieser höchste Berg Syriens ist mehrere Monate im Jahr mit Schnee bedeckt und sammelt an seiner Westflanke erhebliche Niederschläge. Wirklich lebensspendende Fülle, nämlich 1200 Millionen Kubikmeter Wasser, bringt der Jordan Jahr für Jahr in den See Gennesaret ein. Von dort windet er sich dann in vielen Mäandern weiter bis ins Tote Meer.
Das Jordantal, vom See Gennesaret ca. 100 km in Richtung Süden: Diesen Weg hat wohl auch Jesus genommen. Denn zu Beginn dieses Evangelienabschnitts heißt es wörtlich bei Matthäus: „Da kommt Jesus von Galiläa an den Jordan zu Johannes, um sich von ihm taufen zu lassen” (Mt 3,15). Wir wissen nicht, wann und wie er in Nazaret von der gewaltigen Bewegung um den Täufer erfahren hat. Matthäus schildert sie so: „Es ging zu ihm hinaus Jerusalem und ganz Judäa und die ganze Umgegend des Jordan; und sie wurden von ihm im Jordanfluss getauft, indem sie ihre Sünden bekannten“ (Mt 3,5f).
Was Matthäus dann über die Taufe Jesu erzählt, übernimmt er fast wörtlich von Markus, dem genialen Schöpfer des ersten Evangeliums. Schon bei ihm ist Jesu Erleben ein zweifaches: ein Schauen – „schizómenoi hoi ouranoí, es spalten sich die Himmel“ – und ein Hören der göttlichen Stimme – „sy ei ho hyiós mou ho agapetós, du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen“ (Mk 1,10f). Auch die Taube findet sich schon bei Markus: ein Bild für Schönheit, Reinheit und zärtliche Nähe; ein Symbol für die Verbindung von Himmel und Erde. Unterscheidend aber: Nur Matthäus gestaltet vor der Taufe im Jordan noch einen Dialog zwischen Johannes und Jesus. Leitwort ist „Gerechtigkeit“, ein zentraler Begriff in der Verkündigung der Propheten im Ersten Testament, der Bibel der Juden. „Übt Gerechtigkeit“, fordert etwa Jesaja, „denn mein Heil ist nahe“ (Jes 56,1). Matthäus will damit von Anfang an Jesus als „Lehrer der Gerechtigkeit“ vorstellen; in seiner Evangelienschrift kommt er immer wieder darauf zurück, vor allem in der Bergpredigt.
Dass Jesus im Jordan getauft wurde, überliefern alle vier Evangelisten. Doch nur Johannes gibt einen Ort an, wo der Täufer wirkte, nämlich „in Betanien, auf der anderen Seite des Jordan“ (Joh 1,28). Heute jordanisches Staatsgebiet, einige Kilometer nördlich des Toten Meeres. Und dort, im Wadi Al-Kharrar, haben Archäologen bei Grabungen seit dem Jahr 1996 eine sensationelle Entdeckung gemacht: Fundamente einer byzantinischen Kirche aus dem 4. Jahrhundert, dem Gedächtnis der Taufe Jesu geweiht. Seit Juli 2015 ist Al-Maghtas, die Taufstätte auf jordanischer Uferseite, von der UNESCO in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen worden.
Jesu Taufe am Fluss Jordan: Viele Kinder, auch meine wurden mit Jordan-Wasser getauft. Meine Frau und ich haben es selbst geschöpft, aus der Quelle bei Banyas. Wasser vom Hermon. Heilig, wie jedes Wasser...