Der Komponist Erich Wolfgang Korngold

Zwischen zwei Welten

Erich Wolfgang Korngold – ist das nicht der, bei dem alles ein bisschen wie Filmmusik klingt? Ja und nein. Ohne Korngold würde es die Filmmusik, wie wir sie heute kennen, vermutlich nicht geben. Ohne den Film wäre Korngold andererseits als Komponist symphonischer Werke, Opern und Kammermusik weniger in Vergessenheit geraten.

Erich Wolfgang Korngold

Erich Wolfgang Korngold, 1897 - 1957

APA/Bildarchiv der Österr. Nationalbibliothek

Wunderkind in Wien

Im musikalischen Wien der Jahrhundertwende galt er einst als Sensation. Für Gustav Mahler war er ein Genie, Jean Sibelius nannte ihn einen "jungen Adler", Giacomo Puccini gar die "größte Hoffnung der modernen deutschen Musik". Als Wunderkind machte Erich Wolfgang Korngold bald Furore, und das trotz eines strengen und unerbittlichen Vaters, der noch dazu als Musikkritiker das Wiener Musikleben maßgeblich in der Hand hatte. Julius Korngold war Nachfolger Eduard Hanslicks bei der "Neuen Freien Presse" und konnte mit seinen teils vernichtenden Kritiken über Erfolg oder Misserfolg eines Komponisten entscheiden. Erst hielt er die ambitionierten Gehversuche des kompositorischen Wundersprosses vor der Öffentlichkeit zurück, später versuchte er, die musikalischen Wege seines Sohnes in bestimmte Richtungen zu lenken.

Mit großem Enthusiasmus wurde das Œuvre des jungen Erich Wolfgang Korngold anfänglich gefeiert. Die Ballettpantomime "Der Schneemann", der Einakter "Der Ring des Polykrates", sein Klaviertrio "Opus 1" – all das sah man als das Werk eines jungen Genies an, das in seiner kühnen Musiksprache, seiner progressiven Harmonik und seinem stürmischen Charakter wegweisend für die Entwicklung der Musik sein sollte. Seine Opern – allen voran "Die tote Stadt" – riefen Begeisterung sowohl beim Publikum als auch bei der Kritik hervor. Nach Richard Strauss galt Korngold in den 1920er Jahren als der meistaufgeführte Komponist deutschsprachiger Opern in Deutschland und Österreich. Mit der Machtübernahme Hitlers und dem Aufstieg des Nationalsozialismus sollte sich die Situation Erich Wolfgang Korngolds jedoch maßgeblich ändern. Aus politischen Gründen wurden seine Werke abgesetzt, seine Opern verschwanden aus dem Repertoire. Bis in die 1970er Jahre blieben sie weitgehend ungespielt.

Emigration und Erfolge in Hollywood

Noch vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs emigrierte Korngold nach Amerika, wo er sich in einem anderen Feld einen Namen machen sollte: als Filmmusik-Komponist. Auf Einladung seines Freundes Max Reinhardt arrangierte er 1934 für dessen Film "A Midsummer Night’s Dream" die Filmmusik nach Mendelssohns Schauspielmusik, 1938 folgte das Angebot, die Musik zu "Robin Hood" zu schreiben. Im Hollywood der 1930er und 1940er Jahre trug Korngold schließlich maßgeblich zur Entwicklung jenes Hollywood-Sounds bei, der bis heute die Welt des Films prägt. Mit großorchestralen Arrangements und einer künstlerischen Verflechtung von Text und Musik – vorrangig beeinflusst durch die Traditionen europäischer Kunstmusik – schuf er ein neuartiges Erleben des Geschehens auf der Leinwand.

Für sein Ansehen als Komponist sollte das jedoch weitreichende Folgen haben – jegliche Versuche, nach Kriegsende wieder jenes Renommee als Schöpfer absoluter Musik zu erreichen, das ihm vor seiner Zeit in der amerikanischen Traumfabrik beschieden gewesen war, blieben erfolglos. Als "Hollywood-Konzert" bezeichnete man etwa sehr abschätzig sein 1947 uraufgeführtes Violinkonzert. Die Wiener Erstaufführung seiner bereits 1937 vollendeten und 1951 auf die Bühne gebrachten Oper "Die Kathrin" rief verhaltene Reaktionen hervor. Zeit seines Lebens gelang Korngold keine Loslösung von seinem Ruf als "Hollywood-Komponist" mehr. Und noch lang danach wurde er in seiner Kunst verkannt. Er war ein Komponist, der stets der Tonalität treu blieb, wenngleich diese niemals rückwärtsgewandt, sondern im Gegenteil sehr progressiv war – verankert in der Tradition der großen europäischen Tonkunst des 19. und 20. Jahrhunderts.

Aufführungen zum Jubiläum

2017 jährt sich der Geburtstag Korngolds zum 120. Mal, sein Todestag zum 60. Mal. Anlässlich dessen wird an der Wiener Staatsoper seine bis heute wohl bekannteste Oper, "Die tote Stadt", inszeniert. An der Wiener Volksoper findet weiters eine konzertante Aufführung der Oper "Das Wunder der Heliane" statt – einer Oper, die heute zwar weniger bekannt ist, die zu Lebzeiten des Komponisten jedoch als eines seiner größten und wichtigsten Werke galt und letztlich das Bindeglied zwischen den zwei musikalischen Welten Korngolds bildet.

Text: Eva Teimel

Service

Volksoper - "Das Wunder von Heliane"
Wiener Staatsoper - "Die tote Stadt"