Komödie "Die Blumen von gestern"

Viel wurde darüber nachgedacht, wie eine lebendige Gedenkkultur, wie die Aufarbeitung der Nazi-Verbrechen breitenwirksam funktionieren kann. Einen ungewöhnlichen Ansatz bringt jetzt der deutsche Filmemacher Chris Kraus ins Kino, denn er inszeniert die Beziehung zwischen einem Nazi-Enkel und der Nachfahrin eines Holocaust-Opfers als romantische Komödie.

Mann und Frau mit Brille

Filmladen

Morgenjournal, 10.1.2017

Totila Blumen (Lars Eidinger) ist der Enkel eines Nazis und hat sich, um diese Last abzuschütteln, der Holocaust-Forschung verschrieben. Besessen hat er seine Familiengeschichte recherchiert und er hat damit einiges mit seinem Schöpfer, Regisseur und Drehbuchautor Chris Kraus, gemeinsam.

In "Die Blumen von gestern" muss der cholerische und völlig humorlose Holocaust-Forscher gegen seinen Willen mit einer jungen französischen Praktikantin (Adèle Haenel) zusammenarbeiten. Sie, die jüdische Enkelin eines Holocaust-Opfers stößt ihn mit ihrer unverfrorenen Art zuerst vor den Kopf und fordert ihn dann immer mehr heraus.

Gegensätze ziehen sich an

Die Dialoge seien zwar fiktiv, die besondere Schräglage zwischen den Figuren aber ziemlich authentisch, sagt Chris Kraus. Als er endlose Tage in den Archiven verbrachte, waren es auch immer die jüdischen Opferenkel, von denen die Kontaktaufnahme ausging.

Weil sich auf der Kinoleinwand Gegensätze zuverlässig anziehen, finden Täter- und Opferenkel auch zueinander. Den vorsichtigen Vorwurf, so eine Liebesgeschichte wäre vielleicht eine Spur zu konstruiert, kontert Chris Kraus mit der Wirklichkeit. Gerade dieses gegenseitige Verstehenwollen entbehre nicht einer gewissen Erotik, und in seinem unmittelbaren Umfeld habe er auch gerüchteweise von solchen Beziehungen gehört.

Mit Witz und Tempo

Chris Kraus inszeniert seine Liebe im Schatten des Holocaust, mit Witz und Tempo ohne dabei oberflächlich zu werden. Eher gibt es Momente, in denen Kraus sein Mut eine Holocaust-Geschichte gegen den Strich zu inszenieren, unheimlich zu werden scheint. Dann erklärt er vielleicht eine Spur zu deutlich, wo die Grenze zwischen Gut und Böse verläuft. Zwei Dingen tut das aber keinen Abbruch. Dass seine Tragikomödie "Die Blumen von gestern" weit mehr leistet als so viele betretene Gedenkveranstaltungen, und dass einen dieser Film nicht nur gut, sondern auch nachhaltig unterhält.