Lars Eidinger: Von der Schaubühne ins Kino
An seinem Stammhaus, der Berliner Schaubühne, feiert Lars Eidinger einen Erfolg nach dem anderen. Nächste Woche kommt er mit seinem neuen Film, "Die Blumen von gestern", in die heimischen Kinos. Zuletzt stand der Schauspieler auch für internationale Produktionen vor der Kamera, mit Stars wie Juliette Binoche oder Kristen Stewart. Die vielen Gesichter des Berliner Mimen.
8. April 2017, 21:58
Kulturjournal, 2.1.2017
Ein exemplarisches Interview über das Schauspielen
APA/AFP/LAURENT EMMANUEL
Morgenjournal, 2.1.2017
Als cholerischer Holocaustforscher
Mangelnde Bandbreite kann man Lars Eidinger wirklich nicht vorwerfen. Vom introvertierten Melancholiker bis zum exaltierten Choleriker hat er schon alle Typen verkörpert. Letzteren etwa in seinem neuen Film, "Die Blumen von gestern", wo er einen völlig humorlosen und zu Gewaltausbrüchen neigenden Holocaustforscher spielt. Kleinste Provokationen können diese Figur in eine Raserei stürzen, in der sie dann Leute verprügelt oder Scheiben einschlägt. Wobei manches davon, so Lars Eidinger, gar nicht im Drehbuch stand.
"80 Prozent ist Besetzung"
Um seine Figuren zum Leben zu erwecken, braucht Eidinger das richtige Gegenüber. Für ihn ist ein guter Regisseur deshalb in erster Linie auch jemand, der es versteht, die richtigen Schauspieler zusammenzubringen: "‘80 Prozent ist Besetzung‘, hat Haneke zu mir gesagt. Damit meint er genau das: Wenn ich eine Schlange und eine Maus in einen Käfig sperre, dann weiß ich im Grunde, was passiert."
Eine ganz neue Erfahrung war für ihn die Zusammenarbeit mit US-Schauspielern. "Die kochen nicht mit Wasser, sondern mit Pepsi". Das sei zumindest seine Erfahrung, sagt Eidinger im Interview.
Die richtigen Schuhe für Richard III.
Was Lars Eidinger neben einem starken Widerpart noch braucht, um in seine Figuren zu schlüpfen, ist das richtige Kostüm. Denn schließlich sei es die Kleidung, die den Ausschlag gibt, wie jemand im Leben steht. So gehe jede Figur für ihn von den Schuhen aus: Richard III. könne er nicht mit seinen eigenen Schuhen spielen, da habe er einen totalen Widerstand.
"Richard III." in der Regie von Thomas Ostermeier hat sich an der Berliner Schaubühne zum Dauerbrenner entwickelt, bisweilen nackt tobt Eidinger da in einem hochemotionalen Marathon über die Bühne. Ohne Genierer, wie einem scheint, aber Eidinger winkt ab. Er geniere sich nach wie vor, merke aber, dass diese Form in die Angst zu gehen, und die Angst zu überwinden, ihn weiterbringt.
Die Blumen von gestern
Zum Jahreswechsel hat Lars Eidinger seinen "Richard III." in Hongkong gezeigt, nächste Woche läuft sein neuer Film "Die Blumen von gestern" im Kino an und außerdem lädt er als DJ in die Berliner Schaubühne zu seiner mittlerweile legendären Party des Westens. Denn Musik macht der umtriebige Schauspieler übrigens auch.