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Rita Newman

Öko-Thriller

„Schlamm“ im Theater der Jugend

Ein Öko-Thriller für Jugendliche zeigt die Gefahren und Grenzen der Wissenschaft auf.

„Schlamm oder die Katastrophe von Heath Cliff“ heißt ein Öko-Krimi für Jugendliche, die der US-amerikanische Kinderbuchautor Louis Sachar vor einigen Jahren geschrieben hat. Seinen größten Erfolg hatte der 63-jährige Autor mit dem Roman „Holes“, der in den USA mit renommierten Literaturpreisen ausgezeichnet wurde und unter anderem mit Sigourney Weaver verfilmt wurde. Sein Roman „Schlamm“ wurde jetzt vom englischen Regisseur Jethro Compton für das Theater der Jugend aufbereitet und hat heute um 18 Uhr seine Premiere im Theater im Zentrum. Geeignet für Kinder ab elf Jahren.

Kulturjournal, 25.4.2017

Experimente im Klassenzimmer

In einem heruntergekommenen Bunker steigen seltsame Gestalten herum, bekleidet mit gelben Schutzanzügen und Atemmasken, es dampft und raucht, einer hält ein Fläschchen mit einer giftigen Substanz, die Alarmsirene ertönt. Der Raum verwandelt sich plötzlich in ein Klassenzimmer, in dem ein bemühter Professor vor gelangweilten Schülern über die expandierende Weltpopulation referiert. So beginnt „Schlamm“ - am Theater der Jugend.

Die Schulgeschichte entwickelt sich zu einer typisch amerikanischen Highschoolstory über Freundschaft, Außenseitertum und Mobbing. Parallel dazu wird in Videoeinspielungen über ein gefährliches Wissenschaftsexperiment erzählt: Eine Substanz, namens Biolen wurde hergestellt und soll als neue alternative Energiequelle genutzt werden.

Kinder übernehmen Verantwortung

Die beiden Erzählstränge kreuzen sich, als ein paar Schüler im Wald einen giftig-ätzenden Schlamm entdecken, und das Schicksal seinen Lauf nimmt. Eigentlich, so Regisseur Jethro Compton, sei Schlamm eine Geschichte für Erwachsene aber mit Kindern als Hauptfiguren.

„Ich habe die Handlung des Stückes in die 80er Jahre verlegt, weil es mich stark an die Filme dieser Zeit erinnert hat, an ‚E.T. - Der Außerirdische‘ etwa oder auch an die aktuelle Netflix-Serie ‚Stranger Things‘. Die Verantwortung in all diesen Science-Fiction-Filmen liegt in den Händen der Kinder, und auch bei diesem Stück hab ich sie am Ende zu einem aktiven Teil der Wissenschaft gemacht - Sie sind es, die für die Rettung der Welt kämpfen.“

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Rita Newman

Schulgeschichte & Wissenschaftskrimi

Das Stück, das im ersten Teil große Spannung aufbaut, wird im zweiten Teil grotesk überzeichnet, recht drastisch in der Darstellung und sehr konstruiert in seiner glücklichen Auflösung. Eine seltsame Mischung aus Schulgeschichte und Wissenschaftskrimi, die trotzdem Denkanstöße geben kann - über die Gefahren der modernen Wissenschaften, über die Verantwortung, die wir anderen Menschen und unserer Umwelt gegenüber haben, und wer möchte, kann den giftig sich ausbreitenden Schlamm sicher auch als Metapher lesen.

Der Regisseur allerdings distanziert sich von jedweder moralischen oder politischen Botschaft. „Für mich stehen die Menschen, ihre Entwicklung und ihre individuellen Charaktere im Vordergrund, nicht so sehr die Umweltbotschaft. Es geht hier um das Besiegen mehrerer verschiedener Monster, denn es ist eine Geschichte vom Erwachsenwerden, mit den Themen Liebe und Freundschaft, Mobbing und Bullying aber auch Zusammenhalt. Sie zeigt, welche Probleme sich ergeben, wenn man sich verändert und mit schwierigen Situationen konfrontiert wird.“

Filmische Elemente

Jethro Compton ist selbst nicht nur Regisseur sondern auch Autor. Im Vorjahr hat der 29-Jährige am Rabenhof-Theater sein Stück „Frontier Trilogy“ gezeigt. Beim Fringe Festival in Edinburgh sind seine Arbeiten gefragt, und großen Erfolg feierte er in den USA mit der Bühnenversion des Westernklassikers „The man who shot Liberty Valance“. Weil er selbst mit Kino und nicht so sehr mit Theater aufgewachsen ist, haben Comptons Theaterarbeiten etwas Filmisches, auch „Schlamm“ arbeitet mit Musik, mit kurzen Szenen und Cliffhängern.

„Das Publikum will kein Risiko eingehen“

Dass er sich immer auf bekannte Romane oder Filme bezieht, habe ganz pragmatische ökonomische Gründe. „Es ist sehr schwierig in England ein Publikum für neue Stücke zu gewinnen. Nimmt man aber ein Buch, das die Menschen kennen und lieben und bereitet es auf eine neue Weise auf, dann zieht das. Das Publikum ist zwar prinzipiell neugierig, will aber kein Risiko eingehen. Es ist teuer, ins Theater zu gehen, und man kann es sich nicht leisten, Geld für eine schlechte Show auszugeben. Als Theatermacher sehe ich meine Verantwortung darin, das Publikum nicht zu enttäuschen und das Haus voll zu bekommen, denn wir müssen die Schauspieler, die Crew, die Miete zahlen. Ich muss dafür sorgen, dass die Menschen, die an meinem Stück beteiligt sind, davon leben können.“

Demnächst arbeitet Jethro Compton an einer Adaption von Jack Londons „Wolfsblut“, die in den USA und in London zu sehen sein wird und möglicherweise auch in Wien. Gelegenheit seine Arbeit kennenzulernen, hat man ab heute im Theater der Jugend.

Service

Theater der Jugend – „Schlamm oder Die Katastrophe von Heath Cliff“. Ab elf Jahren, bis Ende Juni.

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