
MARCEL KOEHLER
Ausstellung
Schau von documenta-Künstler Pumhösl
In Auseinandersetzung mit den Meistern der Moderne hat sich der österreichische Künstler Florian Pumhösl eine radikal reduzierte Formensprache angeeignet. Mit ihr schildert er in seiner aktuellen Ausstellung in der Galerie Meyer Kainer einen regulierten Flusslauf.
2. Juni 2017, 02:00
Mittagsjournal, 2.5.2017
Das 20. Jahrhundert war in der Kunstgeschichte nicht nur eine Epoche des Schrillen, der überbordenden Farbigkeit und der wilden Geste, da gab es nicht nur Pop-Art, den Blauen Reiter und Jackson Pollock, sondern auch die genaue Gegenbewegung dazu, den Versuch nämlich, die Abstraktion und die Vereinfachung auf die Spitze zu treiben und nur aus wenigen Linien bestehende Zeichen auf die Leinwand zu setzen. Genau diese Formensprache hat sich der österreichische Künstler Florian Pumhösl angeeignet und er zeigte sie bereits auf der documenta in Kassel, auf der Biennale in Venedig und in Einzelausstellungen im Wiener MUMOK und im Kunsthaus Bregenz. Heute Abend eröffnet seine neue Schau in der Wiener Galerie Meyer Kainer.
Wasserzeichen
Es sind hochformatige Reliefs, aus Dachblech gebogen und geschweißt und braunrot lackiert. Nur wenige fragile Kanten beschneiden oder unterbrechen die ruhigen Flächen. „Mir ging es um die Schilderung eines regulierten Gewässers, also darum der Vorstellung eines regulierten Flusses näherzukommen“, sagt Florian Pumhösl. Sein äußerst reduziertes Vokabular hat er über die Jahrzehnte hinweg entwickelt. In Auseinandersetzung mit den Großmeistern der Moderne wie dem Bauhauskünstler Laszlo Moholy-Nagy oder dem Dadaisten Hans Richter, aber auch in der Analyse von Gebrauchsgrafik wie sie auf japanischen Kimonos oder lateinamerikanischen Webmustern zu finden ist.
Dass es in der aktuellen Ausstellung um Flüsse und Kanäle, um ungezähmtes Strömen und strenge Regulierung geht, verrät nur die Einladungskarte. Florian Pumhösl: „Das ist eine Karte, die die Donau nach einem Hochwasser zeigt. Meine Reliefs arbeiten ja mit einer stark geometrisierten Formensprache und in dieser Skizze sehen wir einen unregulierten Fluss und den Versuch, das zu beschreiben.“

MARCEL KOEHLER
Ausstellungsansicht, Florian Pumhösl
Macht der Zeichen
Fast wie eine Geheimschrift, wie ein überdimensionales Alphabet wirken die roten Wandreliefs. Eine Form wird auf ein Zeichen heruntergebrochen und darf dann im Raum seine oft rufzeichenhafte Macht entfalten. Florian Pumhösl: „Das war ja eine der zentralen Verhandlungen im 20. Jahrhundert, von Malewitsch über Neurath bis hin zu Agnes Martin: Wie setzt man ein vereinfachtes Zeichen und was für eine eigene Realität schafft das.“
Materialschlacht
Einen Rahmen mit Leinwand zu bespannen, das hat für ihn etwas Theaterhaftes, sagt Florian Pumhösl. Seine Arbeiten realisiert er deshalb bevorzugt mit Materialien, die sich ihm widersetzen, auf Gips, Glasplatten oder aktuell mit Dachblech. Florian Pumhösl: „Mir hilft es, wenn ich eine manifeste Materialität bearbeiten kann, also wenn ich mit einem Material auseinandersetzen muss, das ganz bestimmte Eigenschaften aufweist und in ganz bestimmten Zusammenhängen vorkommt. Ich brauche etwas, von dem ich mich entfernen kann.“
Poesie der Geometrie
Was die Wirkung streng geometrischer Skulpturen anbelangt, bleibt für Florian Pumhösl der deutsche Dada-Künstler Kurt Schwitters, bekannt für seine raumfüllenden "Merz"-Bauten unerreicht: "Mich beeindruckt kaum etwas mehr als die Plastiken, die er im englischen Exil geschaffen hat. Als ich die zum ersten Mal sah, war das beinahe ein Schock, weil es ihm gelingt, etwas, das eigentlich Text oder Gedicht ist, mit rein skulpturalen Mitteln auszudrücken."
Kalte Geometrie und Poesie sind da kein Widerspruch. Und so ist es auch kein Zufall, dass der Künstler eine seiner letzten Ausstellungen in Anlehnung an ein Zitat des französischen Lyrikers Paul Valery mit "No One’s Voice" betitelt hat. Florian Pumhösl: "Niemandes Stimme, das ist vielleicht auch dieser Moment der Freisetzung, der sich in einem abstrakten Bild ereignen kann.“
Die aktuelle Ausstellung in Wien hat Florian Pumhösl unbetitelt gelassen. Eröffnet wurde sie Dienstagabend in der Galerie Meyer Kainer.
Gestaltung: Wolfgang Popp
Service
Galerie Meyer Kainer - Florian Pumhösl, 3. Mai bis 1. Juni 2016
Gestaltung
- Wolfgang Popp