WIENER STAATSOPER/MICHAEL PÖHN
Opernabend
Verdis "Don Carlo" aus der Wiener Staatsoper
In den mittleren 1870er Jahren, nach einem triumphalen Gastspiel von Giuseppe Verdi in Wien, kursierten Gerüchte, er, der erfolgreichste italienische Opernkomponist seiner Zeit, schreibe für das k.u.k. Opernhaus eine neue große Oper; andere Stimmen wiederum relativierten, er würde nur wiederkommen, um die österreichische Erstaufführung seines "Don Carlo" zu leiten.
1. August 2017, 02:00
Opernabend
01 07 2017 | 19:30 Uhr
Mit Ramón Vargas (Don Carlo), Krassimira Stoyanowa (Elisabetta), Ferruccio Furlanetto (Philipp II.), Plácido Domingo (Rodrigo), Alexandru Moisiuc (Der Großinquisitor), Elena Zhidkova (Eboli); Chor und Orchester der Wiener Staatsoper, Dirigent: Myung-Whun Chung. Aufgenommen am 15. und 21. Juni 2017 in der Wiener Staatsoper.
Doch welcher Plan auch immer bestanden haben mag, nichts davon wurde letztendlich in die Realität umgesetzt: In Wien wurde niemals eine Verdi-Oper uraufgeführt und auch der neugefasste "Don Carlo" ist hier nicht erstmals über die Bühne gegangen. Bis 1932 hat es gedauert, bis auch in Wien dieses Werk ins Repertoire eingefügt wurde.
"Große Oper" für Paris
Die Oper "Don Carlo", nach Friedrich Schillers Drama, gehört zu den Verdi-Opern mit komplizierter Aufführungs- und Rezeptionsgeschichte. Der Auftrag zu diesem Werk kam aus Paris, ausgerechnet aus jener Stadt, mit deren Opernhaus der Komponist zuvor nicht die besten Erfahrungen gemacht hatte, weshalb er die Grand Opéra mit beißender Ironie als "grande boutique" bezeichnet hatte. Und doch ließ sich Verdi umstimmen, nochmals für jenes Haus zu schreiben; eine "Große Oper" sollte es sein, mit politischen und privaten Intrigen, szenischer Prachtentfaltung - und auch der für Paris obligaten Balletteinlage.
WIENER STAATSOPER/MICHAEL PÖHN
Kürzen, ändern, neu komponieren
In der Tat schuf Verdi eine "Große Oper" - zu groß für Paris, denn schon vor der Premiere mussten Kürzungen vorgenommen werden. Die Uraufführung 1867 verlief nicht sonderlich erfolgreich, und auch bei den ersten italienischen Aufführungen kämpfte man mit der Länge, nahm drastische Kürzungen vor. Dies wollte der Komponist aber auf keinen Fall fremden Händen überlassen, weshalb er 1872 selbst eine italienische Fassung erarbeitet hat; diese unterzog er zwischen 1882 und 1883 weiteren Änderungen, in deren Verlauf er wesentliche Abschnitte komplett neu komponierte.
Der jetzt vieraktige italienische "Don Carlo" kam - nicht in Wien - sondern 1884 in Mailand heraus; die endgültige Fassung war aber noch immer nicht erreicht, denn zwei Jahre später für Modena ließ der Komponist den Fontainebleau-Akt wieder einsetzen, womit die Oper wieder fünfaktig wurde.
Domingo debütiert als Marquis von Posa
Als 1989 Don Carlo an der Wiener Staatsoper herauskam, hatte man die fünfaktige Version gewählt, im Repertoirebetrieb war sie aber schnell auf vier Akte reduziert worden - und für die ebensolche Mailänder Fassung hatte man sich auch 2012 entschieden.
In dieser Produktion wird nun Publikumsliebling Plácido Domingo, einer der außergewöhnlichsten Künstler unserer Zeit, zu erleben sein - nicht mehr in der Titelpartie, der Rolle seines Wien-Debüts vor unglaublichen 50 Jahren, sondern jetzt erstmals als Marquis von Posa. Und - es handelt sich um die bereits vierte Produktion dieser Verdi-Oper, in der Plácido Domingo in Wien auf der Bühne erscheinen wird.
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Wiener Staatsoper - Don Carlo