Andrea Doris

THOMAS NEUKUM/STUDIO 5640

sommer.frische-kunst-Festival

Bad Gastein: Ein Weltkurort erfindet sich neu

Einst galt Bad Gastein als Monte Carlo der Alpen. Heute bröckelt an den Fassaden der berühmten Belle Époque Hotels der Putz. Seit nunmehr acht Jahren lädt das sommer.frische-kunst-Festival Künstler und Künstlerinnen ein, sich mit Vergangenheit und Gegenwart des Ortes auseinanderzusetzen.

Kulturjournal, 1.8.2017

Christine Scheucher

Bad Gastein im Hochsommer: Touristen posieren vor dem berühmten Gasteiner Wasserfall, dessen Wassermassen mitten im Ort talwärts stürzen. Gleich neben dem Naturspektakel lag einst das Zentrum des mondänen Kurorts Bad Gastein: Der Straubingerplatz. Hier stieg der wohl berühmteste Kurgast des Ortes, der deutsche Kaiser Wilhelm I ab. Zwischen 1863 und 1887 verbrachte er die Sommermonate in Bad Gastein.

Wo früher die Hautevolee flanierte, tummeln sich heute Touristen in Jogginghosen und Turnschuhen. Doch das einst vornehme Zentrum des Kurorts ist längst zum Schandfleck geworden. An den geschichtsträchtigen Gebäuden bröckelt der Putz. Sie sind mit Bauzäunen abgesperrt, die Fenster und Türen sind vernagelt. Die Prachtbauten der Belle Epoche wurden dem Verfall überlassen. Zwischen 2001 und 2005 hat der Wiener Immobilienentwickler Franz Duval, der 2013 verstorben ist, praktisch das gesamte Zentrum gekauft. Trotz der Zusage die Gebäude zu revitalisieren und einen Hotelkomplex zu erreichten, ist seit Jahren nichts geschehen. Früher, spotten einige, habe man auf die Ankunft des Kaisers gewartet, heute warte man auf einen Investor.

Früher wartete man auf den Kaiser, heute auf einen Investor

Doch eine Gruppe beherzte Bad-Gastein-Fans will nicht mehr warten. Dank ihrer Initiative erwacht der Ort seit einigen Jahren aus seinem Dornröschenschlaf. Dass Gastein mit seiner mondänen Vergangenheit gerade für Künstler und Kreative interessant ist, war der Hamburger Kunstmäzenin und –sammlerin Andrea von Goetz und Schwanenfliess von Anfang an klar.

Vor vielen Jahren kam sie zum ersten Mal als Urlauberin in den Ort und war auf Anhieb vom morbiden Charme Bad Gasteins fasziniert: "Ich war mit meiner Familie in den Ferien in Bad Gastein und habe mich sofort in den Ort verliebt, weil er Ecken und Kanten hat. Später haben wir hier ein altes Haus aus dem Jahre 1720 gefunden, das wir in mühsamer Kleinarbeit renoviert haben. Parallel dazu ist die Idee entstanden, die Tradition der Sommerfrische in Bad Gastein zu reaktivieren."

Kunstresidenz KünstlerInnen 2017

Kunstresidenz KünstlerInnen 2017

THOMAS NEUKUM/STUDIO 5640

Zwei Hamburger in den Alpen

Gemeinsam mit den Gasteiner Hoteliers Ike Ikrath und Olaf Krohne hat Andrea von Goetz und Schwanenfliess eine Künstlerresidenz initiiert und das sommer.frische.kunst-Festival ins Leben gerufen, das heuer bereits zum 8. Mal stattfindet. Jedes Jahr lädt das Residenzprogramm Künstler und Künstlerinnen ein, drei bis vier Wochen in Gastein Quartier zu beziehen. Die Künstler arbeiten in Ateliers in einem denkmalgeschützten Kraftwerk am Fuße des Wasserfalls und wohnen in den lokalen Hotels.

Kuratorin Andrea von Goetz und Kurdirektorin Doris Hohenwarter

THOMAS NEUKUM/STUDIO 5640

Kuratorin Andrea von Goetz und Kurdirektorin Doris Hohenwarter

Zum Beispiel im Hotel Regina, geführt vom Hamburger Trendgastronom Olaf Krohne, den es vor über zehn Jahren in die Alpen verschlagen hat. "Ich war zum ersten Mal mit acht Jahren mit meinen Eltern in Bad Gastein und war damals schon fasziniert von den großartigen Gebäuden, die hier stehen. Irgendwann war die Idee da, die alten Grand Hotels mit Kunst wieder zum Leben zu erwecken."

Mit dem sommer.frische.kunst-Festival wurde diese Idee verwirklicht. Jeden Juli findet ein großes Kunstwochenende in Bad Gastein statt. Als Auftakt des Wochenendes präsentieren die Kunststipendiaten jene Arbeiten, die während der Kunstresidenz entstanden sind und verwandeln das Kraftwerk in ein begehbares Atelier. Ausstellungen in alten Pavillons und leerstehenden Geschäften beleben den ganzen Ort. Der Ruf des kleinen exquisiten Festivals ist mittlerweile in die Welt gedrungen: Das Artweekend in Bad Gastein ist zum Anziehungspunkt für Künstler, Sammler und Galeristen aus dem deutschsprachigen Raum geworden. Viele Besucher und Besucherinnen reisen aus Hamburg und Berlin an und so manches deutsche Lifestyle-Magazin kürte Bad Gastein bereits zum neuen Hipster-Geheimtipp. Die Zukunft des Ortes, davon sind viele Gasteiner längst überzeugt, liegt in seiner Wiederentdeckung durch Kreative. Ein Anfang wurde gemacht.

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