
ALBERTINA WIEN
Das Zeichnen der Welt
Bruegel-Zeichnungen in der Albertina
80 Kunstwerke von Pieter Bruegel dem Älteren, bekannt vor allem für Gemälde wie "Turmbau zu Babel" oder die "Bauernhochzeit", zeigt die Albertina ab Donnerstag unter dem Titel "Bruegel - Das Zeichnen der Welt". Dabei wird das gesamte Spektrum von Bruegels zeichnerischem und druckgrafischem Schaffen präsentiert, darunter 20 der schönsten Handzeichnungen des Niederländers aus dem hauseigenen Bestand. Zahlreiche druckgrafische Schätze, die im Zuge der mehrjährigen Forschungsarbeit gefunden wurden, sind zum ersten Mal zu sehen.
6. Oktober 2017, 02:00
Morgenjournal, 5.9.2017
Kulturjournal, 5.9.2017 - Direktor Schröder im Interview

ALBERTINA WIEN
"Maler und Käufer", um 1565
Der neue Hieronymus Bosch
Ein Künstler mit wirrem Haupthaar vor einer Staffelei sieht verächtlich auf seinen Käufer mit dickem Geldbeutel herab. Hier nimmt Bruegel den Kunstmarkt kritisch unter die Lupe. In anderen Zeichnungen und Druckgrafiken prangert der Künstler den Egoismus an, die Trunksucht oder die käufliche Liebe. Wie Hieronymus Bosch, der etwa 50 Jahre vor Bruegel lebte, war Bruegel ein großer Moralist.
Bosch war für ihn ein großes Vorbild - manchmal wurden ihre Kunstwerke sogar verwechselt, sagt Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder. "Hieronymus Bosch hat die phantastischen Wesen, die Kobolde und Teufel, die Grausamkeit der Hölle religiös verstanden - ganz im Gegensatz zu Bruegel, für den nicht die Hölle, sondern die Welt voller Ungeheuer war."
Bruegels Witwe verbrannte viele Werke
Mit seiner Kritik der Welt eckte Bruegel bei den Zeitgenossen an. Es ist überliefert, dass er seine Witwe kurz vor seinem Tod gebeten haben soll, viele seiner Zeichnungen zu verbrennen, um der Verfolgung zu entgehen. Die Tatsache, dass von einem Künstler, der von seinen Zeitgenossen vor allem als Zeichner und Druckgrafiker geschätzt wurde und nicht als Maler, nur 60 Zeichnungen erhalten sind - erstaunlich wenig -, weist darauf hin, dass an dieser Überlieferung etwas Wahres dran sein könnte. Und Bruegel seine Frau durch den Auftrag des Verbrennens vor dem Scheiterhaufen schützen wollte.
Wie setzte er sich als Künstler durch?
Die Druckgrafiken erschienen in Auflagen von bis zu 2.000 Stück und machten Bruegel in der Handelsmetropole Antwerpen zu einem sehr erfolgreichen Künstler, erklärt Eva Michel, die Kuratorin der Ausstellung. "Zu Bruegels Zeit lebten etwa 300 Künstler in Antwerpen. Dass Bruegel sich so erfolgreich durchsetzte, war darauf zurückzuführen, dass er ganz bewusst auf die Druckgrafik setzte. Während Gemälde meist von Auftraggebern bestellt wurden, entstand die Druckgrafik auf freie Initiative des Künstlers, wurde dann von einem Kupferstecher auf eine Kupferplatte übertragen und anschließend von einem Verleger publiziert."
Aufständischer statt Bauernmaler
Auch wenn Bruegel vor allem für die Genredarstellungen des alltäglichen Bauernlebens bekannt ist, und die Landschaftsmalerei revolutionierte: Zeitgenossen schätzten an ihm auch seine politische Haltung. Wie Klaus Albrecht Schröder meint, liebten die Niederländer Bruegel dafür, dass er die Grausamkeit ihres Alltags als solche anprangerte: die Grausamkeit der Spanier, die die Niederlande besetzten und bekämpften. Hier stand ein Künstler, der mit seinen Bildern Widerstand leistete. Es war eine Geste des Aufstands, die ihn bei seinen Zeitgenossen sehr beliebt machte."
Die Ausstellung in der Albertina zeigt Bruegel als realistischen Zeichner, der die Finger in die Wunden des Menschen legt.
Service
Albertina - Bruegel. Das Zeichnen der Welt, 8. September bis 3. Dezember 2017